Insel Aix: Kieselstein im Ozean

Die Insel Aix liegt in der Region Nouvelle-Aquitaine, rund 20 Kilometer südwestlich von La Rochelle, nahe den größeren Inseln Île de Ré und Île d’Oléron. Von Fouras bringt eine Fähre Besucher zur kleinen Insel – Autos sind hier nicht erwünscht. Die Überfahrt dauert nur 20 Minuten. Am Anleger versteckt sich das einzige Dorf, Le Bourg, hinter Festungsmauern. Grüne Wiesen durchziehen die weitläufige Festungsanlage und führen zu zwei Leuchttürmen. Die Insel mag klein sein, doch früher war sie ein bedeutendes Bollwerk. 

Befestigungswall der Insel Aix mit den beiden Leuchttürmen der Insel. Die Leuchttürme dienten dazu, Schiffe sicher durch die seichten und teils gefährlichen Gewässer um die Insel zu navigieren. Da die Zufahrt zum Marinearsenal von Rochefort gut geschützt und kontrolliert werden musste, wurden mehrere strategische Leuchtpunkte eingerichtet / © Foto: Georg Berg
Befestigungswall der Insel Aix mit den beiden Leuchttürmen. Sie dienten dazu, Schiffe sicher durch die seichten und teils gefährlichen Gewässer vor der Charente-Mündung zu navigieren / © Foto: Georg Berg

Die schlichten Häuser der Île d’Aix leuchten mit Fensterläden in Blau und Türkis. Es ist eine eigene Welt. Mit einem Mietfahrrad oder zu Fuß erkundet man die Insel, streift durch Pinienwälder, entdeckt ein weiteres Fort und erreicht kleine Sandstrände. Im Sommer strömen Tagesgäste ins Dorf, doch wer die Dorfmauern hinter sich lässt, findet Ruhe. Einfache Strandlokale servieren frische Meeresfrüchte und leichte Sommerweine – ein Genuss inmitten der Insel-Idylle.

Fahrradverleih auf der Insel Aix. Die Insel ist autofrei und bei einer Länge von 3 Kilometern und einer Breite von 600 Metern perfekt für Fahrradfahrer und Fußgänger geeignet / © Foto: Georg Berg
Fahrradverleih auf der Insel Aix. Die Insel ist autofrei und bei einer Länge von 3 Kilometern und einer Breite von 600 Metern perfekt für Fahrradfahrer und Fußgänger geeignet / © Foto: Georg Berg

Vom Vorposten zur Urlaubsinsel

Die kleine Île d’Aix ist reich an Geschichte. In Napoleons Militärstrategie spielte sie eine Schlüsselrolle. Wie ein Kieselstein liegt sie vor der Mündung der Charente. Nach seinem Besuch 1808 befahl Napoleon den Bau mächtiger Befestigungen, um feindliche Schiffe aus der Charente fernzuhalten und das Marinearsenal von Rochefort vor der britischen Flotte zu schützen. 1810 begann der Bau von Fort Liédot, der uneinnehmbaren Festung nach Napoleons Plänen. Sie bot Platz für 600 Mann und diente später als Gefängnis.

Büste Napoleon Bonaparte im Napoleon-Museum auf der Insel Aix. Die Île d’Aix spielte eine besondere Rolle in der napoleonischen Militärstrategie. Nach seiner Inspektion der Insel im Jahr 1808 ordnete Napoleon Bonaparte den Bau massiver Befestigungsanlagen an, um das nahegelegene Marinearsenal von Rochefort vor der britischen Flotte zu schützen / © Foto: Georg Berg
Büste Napoleon Bonaparte im Napoleon-Museum auf der Insel Aix / © Foto: Georg Berg

Napoleon in der Falle

Nach der Niederlage bei Waterloo suchte Napoleon hier im Juli 1815 Zuflucht. Drei Tage verbrachte er im Kommandantenhaus der Atlantikinsel und hoffte, von dort aus nach Amerika zu entkommen. Doch britische Schiffe blockierten die Charente-Mündung. Am dritten Tag stellte er sich und betrat als Gefangener ein britisches Kriegsschiff, in der Erwartung, ehrenvoll behandelt und nach England ins Exil geschickt zu werden. Doch die Briten entschieden anders: Sie brachten ihn auf die abgelegene Insel St. Helena im Südatlantik. Das Gouverneurshaus der Île d’Aix ist heute Napoleon-Museum und erinnert an seine letzten Tage auf französischem Boden. 1821 starb der Kaiser der Franzosen im Exil.

Das  Gouverneurs-Haus auf der Insel Aix. Napoleon verbrachte hier im Juli 1815 die letzten Tage in Frankreich, bevor er in die Verbannung nach St Helena gebracht wurde. Heute befindet sich darin das Napoleon-Museum mit zahlreichen Erinnerungsstücken an den Kaiser der Franzosen / © Foto: Georg Berg
Das Napoleon-Museum mit zahlreichen Erinnerungsstücken an Napoleon I. / © Foto: Georg Berg

Ein perfekter Sommertag

Die Landschaft der Île d’Aix ist abwechslungsreich mit einer Mischung aus Sandstränden, Pinienwäldern, Salzwiesen und Austernfarmen. Mehr als die Hälfte der Insel ist von Wald bedeckt. Radfahrer können die Insel in ihrem eigenen Tempo erkunden. Fußgänger werden an einem einzigen Ausflugstag nicht alle Sehenswürdigkeiten erreichen. Aber viele Besucher reizen vor allem die Sandstrände, wie der Grand Plage oder der Plage aux Coquillages, für ein Bad im Meer.

Einer von fünf Badestränden auf der Insel Aix mit Blick auf die beiden Leuchttürme / © Foto: Georg Berg
Einer von fünf Badestränden auf der Insel Aix mit Blick auf die beiden Leuchttürme / © Foto: Georg Berg

Coquillages und Karaoke

Ein Tag am Meer verlangt nach gutem Essen. Auf Aix locken frische Meeresfrüchte: Austern, Meeresschnecken, Jakobsmuscheln, Venusmuscheln, dazu Seebarsch und Aal. Die Austern, direkt in den Becken rund um die Insel gezüchtet, gelten als lokale Delikatesse. Eine empfehlenswerte Adresse ist das Bar-Restaurant Chez Franck, gleich außerhalb des befestigten Dorfes. Inhaber Franck serviert Austern und Muscheln an schlichten Tischen im Schatten großer Sonnenschirme – ein Essen, typisch für Aix.

Restaurant und Strandlokal Chez Franck auf der Insel Aix, Charente-Maritime / © Foto: Georg Berg
Restaurant und Strandlokal Chez Franck etwas außerhalb der Dorfmauern / © Foto: Georg Berg

Mit etwas Glück legt Franck selbst Musik auf. Gegen Ende der Mittagszeit ermuntert er seine Gäste gerne zum Karaoke. Energiegeladen durch Austern und ein wenig enthemmt vom Wein, folgen wir seinem Plan, greifen zum Mikrofon und singen mit großer Leidenschaft einen Song.

Franck von Chez Franck mit Gästen beim Karaoke in seinem Strandrestaurant, Insel Aix / © Foto: Georg Berg
Franck von Chez Franck mit Gästen beim Karaoke in seinem Strandrestaurant / © Foto: Georg Berg
Die kleine Insel Aix hat in den Sommermonaten bis zu 5000 Tagestouristen. Hier Picknick im Schatten der Bäume im einzigen Ort Le Bourg / © Foto: Georg Berg
Aix hat in den Sommermonaten bis zu 5000 Tagestouristen, manche bringen ihr Picknick mit und suchen den Schatten der Bäume / © Foto: Georg Berg
Pferdekutsche mit Touristen auf der autofreien Insel Aix / © Foto: Georg Berg
Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Pferdekutsche bewegt man sich auf der autofreien Insel Aix / © Foto: Georg Berg

Abwechslungsreicher Rundumblick

Ein Spaziergang über die Île d’Aix bietet Ausblicke auf alle wichtigen umliegenden Inseln und Bauwerke. Schnell wird klar: Diese Insel spielte in den Jahrhunderten der großen Seeschlachten eine entscheidende Rolle. Man erblickt die Inseln Madame und Oléron, den Pertuis von Antioche, die Île de Ré mit ihrer Brücke, La Rochelle, die Charente-Küste, die Pointe de la Fumée, das Fort Enet, das Fort Vauban in Fouras-les-Bains und das berühmte Fort Boyard.

Fort Boyard liegt auf einer Sandbank zwischen Île d’Aix und Île d’Oléron im Meer und kann nur vom Boot aus besichtigt werden. Internationale Bekanntheit erlangte es durch die Abenteuer-Spielshow „Fort Boyard“. Das Format wurde ab 1990 in über 33 Ländern adaptiert und gilt als der erfolgreichste französische Fernsehexport, mit einem riesigen internationalen Publikum / © Foto: Georg Berg
Von Aix hat man einen guten Blick auf das berühmte Fort Boyard / © Foto: Georg Berg

Fort Boyard thront auf einer Sandbank im Meer zwischen der Île d’Aix und der Île d’Oléron. Man kann es nur per Boot besichtigen. Weltweite Bekanntheit erlangte es durch die Abenteuer-Spielshow Fort Boyard. Seit 1990 ist das Format in über 33 Ländern adaptiert worden und gilt als erfolgreichster französischer Fernsehexport mit einem riesigen internationalen Publikum. Bis heute erfreuen sich Souvenirs rund um das uneinnehmbare Fort großer Beliebtheit – etwa eine abschließbare Spardose aus Blech.

Spardose aus Blech in Form des berühmten Fort Boyard, das auf einer Sandbank zwischen Île d’Aix und Île d’Oléron liegt. Internationale Bekanntheit erlangte es durch die Abenteuer-Spielshow „Fort Boyard“. Das Format wurde ab 1990 in über 33 Ländern adaptiert und gilt als der erfolgreichste französische Fernsehexport, mit einem riesigen internationalen Publikum / © Foto: Georg Berg
Spardose aus Blech in Form des berühmten Fort Boyard / © Foto: Georg Berg

Highlights entlang der Charente

Die Charente windet sich auf 380 Kilometern durch die französische Region Nouvelle-Aquitaine. Ihr Lauf führt vom bergigen Quellgebiet über sanfte Hügel und Weinberge bis zu den maritimen Auen an der Mündung. Ab Angoulême ist der Fluss bis zum Atlantik bei Rochefort schiffbar. Einst diente er als Hauptverkehrsweg für die Cognacproduktion. Heute laden Cognac-Häuser und Winzer zum Spiritourismus ein, während Radwege wie der Flow Vélo an malerischen Dörfern, alten Steinbrücken, einer seltenen Schwebefähre, Wassermühlen, Burgen und der Altstadt von Angoulême vorbeiführen. Die Charente gilt noch als Geheimtipp, gehört sie doch zu den ursprünglichsten Flusslandschaften Frankreichs: kaum Massentourismus, dafür viel Natur, Ruhe und Genuss. Die kleine Insel Aix war einst ein Bollwerk zum Schutz der Charente-Mündung vor feindlichen Flotten, heute beliebt für einen Tagesausflug ans Meer.

Die Recherchereise wurde von Nouvelle-Aquitaine Tourismus und Die Landpartie unterstützt

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