Holland und die Hanse

Reiche Geschichte und reichlich Genuss, dafür stehen Doesburg, Zutphen, Deventer, Hattem, Zwolle, Hasselt, Kampen, Elburg und Harderwijk. Jede Stadt hat ihren eigenen Charme und Charakter. Alle Hansestädte haben wunderschöne und mittelalterliche Innenstädte, moderne Geschäfte, trendige Lokale und hervorragende Restaurants. Dieser Mix macht die Hansestädte zu attraktiven Ausflugszielen gleich hinter der deutsch-niederländischen Grenze. 2023 ist das perfekte Jahr, um die neun holländischen Hansestädte zu besuchen, denn sie lassen den alten Hanseverbund aufleben und laden ab April zum ersten Hansejahr entlang der IJssel ein.

Hansestadt Deventer vom anderen Ufer der IJssel mit Blick auf Lebuinuskirche / © Foto: Georg Berg
Hansestadt Deventer vom anderen Ufer der IJssel mit Blick auf Lebuinuskirche / © Foto: Georg Berg

Die IJssel – Bindeglied einer Ära

Vier Jahrhunderte lang florierte der Handel innerhalb des europäischen Hanseverbunds. Schon im Frühmittelalter transportierten viele Händler ihre Waren auf Schiffen über europäische Flüsse und Meere. Den Reichtum, den dieser grenzüberschreitende Handel mit sich brachte, ist bis heute an den prunkvollen Kaufmannshäusern, Handelskontoren, Kirchen und Stadtplätzen sichtbar. Um 1500 verlagerte sich das Zentrum der niederländischen Hanse in das Gebiet der Nordsee. Amsterdam machte den kleinen Städten an der IJssel zunehmend Konkurrenz und nach der künstlichen Verbreiterung des Rheins, grub dieser der IJssel sprichwörtlich das Wasser ab und erschwerte die Schifffahrt.

Der Deventer Koek, ein Honigkuchen, der seit 1593 als Markenprodukt hergestellt wird, wird in feine Scheiben geschnitten und mit Butter serviert. Das Orignal von 1593 besteht aus den Zutaten: Wasser, Roggenmehl, Honig und Gewürze. Der Kuchen enthält kein Ei und keine Milchprodukte und ist dadurch sehr lange haltbar. Dies machte ihn zu einer beliebten Ware im Hansehandeln über die Grenzen der Niederland hinaus. Bis nach Norwegen wurde der Kuchen mit dem Schiff transportiert / © Foto: Georg Berg
Der Deventer Koek, ein Honigkuchen, der seit 1593 als Markenprodukt hergestellt wird. Er besteht aus Wasser, Roggenmehl, Honig und Gewürze und war lange haltbar. Dies machte ihn zu einer beliebten Ware im Hansehandel. Bis nach Norwegen wurde der Kuchen mit dem Schiff transportiert / © Foto: Georg Berg

Hanse-Spezialitäten

Einige Hansestädte sind bis heute untrennbar mit einer Spezialität verbunden. Was für Lübeck das Marzipan ist in Doesburg der Senf, in Zwolle die Balletjes oder in Deventer der Gewürzkuchen. Seinen Ursprung hat der Deventer Koek im Mittelalter und seine Verbreitung hat er dem blühenden Handel der Hanse zu verdanken. Bis heute wird er nach Originalrezept ausschließlich in Deventer hergestellt. Schon zu Zeiten der Hanse schipperte der gut haltbare Kuchen auf den Handelsschiffen bis nach Norwegen. Es gab Kuchen für König Olav IV. im Tausch gegen nordischen Stockfisch.

Im Balletjeshuis in der Altstadt von Zwolle werden seit 1845 Balletjes, eine Bonbon-Mischung nach Originalrezept hergestellt / © Foto: Georg Berg
Im Balletjeshuis in der Altstadt von Zwolle werden seit 1845 Balletjes, eine Bonbon-Mischung nach Originalrezept hergestellt / © Foto: Georg Berg

In Zwolle gibt es ebenfalls eine Süßigkeit, die mit dem Stadtnamen verbunden ist. Im Balletjeshuis am Großen Kirchplatz mitten in der Altstadt wird seit 1845 eine Bonbon-Mischung hergestellt. Die Laden ist noch ganz im alten Flair des 19. Jahrhunderts. Auch die Bonbons werden nach wie vor im Keller des Hauses nach Originalrezept und mit natürlichen Aromen wie Vanille, Zimt, Lakritz oder Frucht hergestellt. Früher, als Zucker rar und kostbar war, schoben sich die Damen zur Tee- oder Kaffeezeit ein Balletje in die Wange und süßten so dezent Schluck um Schluck.

Wandmalerei in der Altstadt von Deventer. Motiv anlässlich des Hansejahres, das die neun holändischen Hansestädte 2023 feiern. Die Wandmalerei hat einen Bezug zur Vergangenheit und Gegenwart. Hier in Deventer: Marktfrau mit Sohn verkauft Deventer Honigkuchen und Stockfisch, wichtige Waren im Hansehandel von Deventer. Der Junge trägt einen Fan-Schal des Fußball-Clubs Deventer Eagles / © Foto: Georg Berg
Wandmalerei in der Altstadt von Deventer. Motiv anlässlich des Hansejahres, das die neun holändischen Hansestädte 2023 feiern. Die Wandmalerei hat einen Bezug zur Vergangenheit und Gegenwart. Hier in Deventer: Marktfrau mit Sohn verkauft Deventer Honigkuchen und Stockfisch, wichtige Waren im Hansehandel von Deventer. Der Junge trägt einen Fan-Schal des Fußball-Clubs Deventer Eagles / © Foto: Georg Berg

Public Art und Museumskonzepte

Riesige Wandbilder werden seit 2022 vom niederländischen Künstlerkollektiv ‚De Strakke Hand‘ hergestellt. Es ist ein grenzüberschreitendes Projekt, ganz im Sinne der Hanse. Erste Wandmalereien gibt es in Kalkar, Emmerich, Harderwijk und Deventer. Grundlage ist immer ein Foto von zwei Personen, die heute Bürger ihrer Stadt sind. Sie tragen Kleidung aus der Hansezeit mit einem dezenten Hinweis auf die Gegenwart.

1466 begannen die Dominikaner mit dem Bau dieser Kirche. Seit 2013 ist die „De Broerenkerk“ in Zwolle umgewidmet zu einer Buchhandlung / © Foto: Georg Berg
1466 begannen die Dominikaner mit dem Bau dieser Kirche. Seit 2013 ist die „De Broerenkerk“ in Zwolle umgewidmet zu einer Buchhandlung / © Foto: Georg Berg

Kunst im öffentlichen Raum und moderne Museumskonzepte finden sich ebenfalls viele in den Hansestädten an der IJssel. Über dem ehemaligen Gerichtsgebäude von Zwolle, im Museum de Fundatie, schwebt seit 2013 eine Kunstwolke, verkleidet mit 55.000 dreidimensionalen Kacheln. Das erst 2022 eröffnete Museum Anno bereitet die Stadtgeschichte neu auf. Zudem gibt es in Zwolle gleich zwei Kirchen umgewidmet wurden und heute als Restaurant und Buchgeschäft genutzt werden.

Kunstwolke in Zwolle. Das Museum de Fundatie trägt seit 2012 einen spektakulären Aufbau / © Foto: Georg Berg
Kunstwolke in Zwolle. Das Museum de Fundatie trägt seit 2012 einen spektakulären Aufbau / © Foto: Georg Berg
Auch das Museum Anno verbindet mit seinem Neubau die Geschichte der Stadt Zwolle mit der Gegenwart / © Foto: Georg Berg
Auch das Museum Anno verbindet mit seinem Neubau die Geschichte der Stadt Zwolle mit der Gegenwart / © Foto: Georg Berg

Hanseambiente und Hochgenuss

Ein weiteres verbindendes Merkmal der holländischen Hansestädte ist das sehr gute gastronomische Angebot in historischen Hanse-Häusern. So findet man in Doesburg das älteste Restaurant des Landes. Es ist das Stadsbierhuis De Waag von 1478. Auch im ehemaligen Kloster von 1309 kann man im Restaurant Het Arsenaal ab mittags moderne Küche mit lokalen Produkten genießen.

Hansepracht auch in Doesburg. Rechts die Außenterasse des ältesten Wirtshauses der Niederlande, das Stadsbierhuis von 1478 / © Foto: Georg Berg
Hansepracht auch in Doesburg. Rechts die Außenterasse des ältesten Wirtshauses der Niederlande, das Stadsbierhuis von 1478 / © Foto: Georg Berg

In Zwolle können Besucher das Hanseflair mit Fine Dining verbinden. Das Restaurant De Librije von Sternekoch Jonnie Boer trägt den Namen noch aus Zeiten, als es in der alten Klosterbibliothek untergebracht war. Heute sitzen die Gäste im Glas überdachten Innenhof des ehemaligen Frauengefängnisses.

Restaurant De Librije / © Foto: Georg Berg
Von 1739 bis 2004 Frauengefängnis heute Sternerestaurant: De Librije in Zwolle. Die Fenster sind noch immer vergittert. Auch das parkende Auto scheint für Gefangenentransporte geeignet / © Foto: Georg Berg

Hervorragende Küche bietet auch das Restaurant t’ Pestengasthuys. Im ehemaligen Krankenhaus aus dem 15. Jahrhundert kocht seit über 25 Jahren auf hohem Niveau Paul Stegman. Seine Frau organisiert den Service. Ein kleines, sehr persönliches Restaurant mit historischem Ambiente. Aktuell hält das Pestengasthuys Empfehlungen von Guide Michelin und Gault Millau.

Koch Paul Stegman, Restaurant t’ Pestengasthuys in Zwolle / © Foto: Georg Berg
Koch Paul Stegman, Restaurant t’ Pestengasthuys in Zwolle / © Foto: Georg Berg
Restaurant t’ Pestengasthuys in Zwolle lädt in die Räume eines ehemaligen Krankenhauses aus dem 15. Jahrhundert / © Foto: Georg Berg
Restaurant t’ Pestengasthuys in Zwolle lädt in die Räume eines ehemaligen Krankenhauses aus dem 15. Jahrhundert / © Foto: Georg Berg

30 Kilometer flussaufwärts in der Hansestadt Deventer kommt man den Schauplätzen des goldenen Hansezeit ebenfalls sehr nah. Erst 2022 wurde der weitläufige Kirchplatz rund um die Libuinuskirche neu gestaltet. Ein dominanter Autoparkplatz musste weichen und der Platz wurde den Menschen zurückgegeben. Im ehemaligen Bankhaus der Familie Vermeer am Grote Kerkhof befindet sich heute das Boutique-Hotel Huis Vermeer. Im Restaurant des Hauses sitzt man in den ehemaligen Wohnräumen mit üppigen alten Wandmalereien mitten im hanseatischen Luxus der Hansejahre. Auf der anderen Seite der Libuinuskirche befindet sich das Restaurant t’ Arsenaal. Auch dieser Name steht für Geschichte. Restaurant und Innenhof grenzen an der Seitenmauer der Kirche, dort wo einmal Waffen und Munition gelagert wurden. Heute schleifen hier nur noch Köche ihre Messer und versorgen die Gäste mit gehobener Gastronomie.

Lebuïnuskirche in Deventer mit dem 2022 neu gestaltetem Vorplatz. Früher parkten rund um die Kirche Autos, heute gehört der Platz wieder den Bewohnern der Stadt mit Wasserspiel, Sitzbänken und Kinderspielplatz / © Foto: Georg Berg
Lebuïnuskirche in Deventer mit dem 2022 neu gestaltetem Vorplatz. Früher parkten rund um die Kirche Autos, heute gehört der Platz wieder den Bewohnern der Stadt mit Wasserspiel, Sitzbänken und Kinderspielplatz / © Foto: Georg Berg

Hanseatische Unterkünfte

Übernachtungen sind entlang der IJssel in sogenannten „Hanzelogies“ möglich. Ob im prächtigen Kaufmannshaus oder in einer bäuerlichen Bettkammer, ob mitten in den engen Gassen der Altstadt oder am Ufer der IJssel, die Auswahl ist groß.

Das Hotel Pillows liegt am Ufer der IJssel gegenüber der Altstadt von Deventer. Mit der solarbetriebenen Fähre setzt man an der Stelle über, wo einst der Mönch Lebuinus um 806 über den Fluß ruderte. Wo heute die Lebuinuskirche steht, errichtete der Mönch eine kleine Holzkirche / © Foto: Georg Berg
Das Hotel Pillows liegt am Ufer der IJssel gegenüber der Altstadt von Deventer. Mit der solarbetriebenen Fähre setzt man an der Stelle über, wo einst der Mönch Lebuinus um 806 über den Fluß ruderte. Wo heute die Lebuinuskirche steht, errichtete der Mönch eine kleine Holzkirche / © Foto: Georg Berg

Empfehlungen mit Hanseflair

Restaurant Pestengasthuys in Zwolle

Restaurant t’Arsenaal in Devente

Restaurant Huis Vermeer in Deventer

Restaurant und Hotel Pillows an der IJssel in Deventer

Restaurant Het Arsenaal 1309 in Doesburg

Stadsbierhuys de Waag seit 1478 in Doesburg

Reiseinformationen zu allen neun holländischen Hansestädten

Print

Unsere Arbeitsweise zeichnet sich durch selbst erlebte, gut recherchierte Textarbeit und professionelle, lebendige Fotografie aus. Für alle Geschichten gilt, dass Reiseeindrücke und Fotos am selben Ort entstehen. So ergänzen und stützen die Fotos das Gelesene und tragen es weiter.

Nie mehr neue Tellerrand-Stories verpassen! Mithilfe eines Feed-Readers lassen sich die Information über neue Blogartikel in Echtzeit abonnieren Mithilfe eines Feed-Readers lassen sich alle Geschichten über den Tellerrand in Echtzeit abonnieren.

Die Recherchereise wurde vor Ort vom niederländischen Tourismusverband unterstützt.

Reise Themen auf Tellerrand-Stories

Unsere Arbeitsweise zeichnet sich durch selbst erlebte, gut recherchierte Textarbeit und professionelle, lebendige Fotografie aus. Für alle Geschichten gilt, dass Reiseeindrücke und Fotos am selben Ort entstehen. So ergänzen und stützen die Fotos das Gelesene und tragen es weiter.

Nie mehr neue Tellerrand-Stories verpassen! Mithilfe eines Feed-Readers lassen sich die Information über neue Blogartikel in Echtzeit abonnieren Mithilfe eines Feed-Readers lassen sich alle Geschichten über den Tellerrand in Echtzeit abonnieren.

Permalink der Originalversion: https://tellerrandstories.de/holland-hanse
Optimiert durch Optimole