Wanderung und Zeitreise im UNESCO-Kulturerbe Cirque-de-Navacelles
Die Moulins-de-la-Foux, die „Mühlen an der Quelle“ liegen an der fünftstärksten Quelle Frankreichs. Eine Quelle, die bis heute druckvoll aus dem Felsen sprudelt und tausend Jahre lang Standort mehrerer kaskadenartig untereinander gebauter Mühlen war. Wie vor tausend Jahren schon, kann man sich der heute restaurierten Mühle nur auf einem Fußweg nähern. Fast in jedem Jahrhundert gab es eine Flut, die große Teile der Mühle zerstörte, aber immer lohnte sich der Wiederaufbau genau an dieser Stelle. Auf der rund vierstündigen Wanderung bleibt Zeit, sich über die Kraft des Wassers und die Bedeutung von Müller und Mühle Gedanken zu machen.
Der Fluss Vis verläuft 13 Kilometer weit durch ein unterirdisches Höhlensystem, bevor er als ergiebige Quelle wieder oberirdisch fließt und im geologisch langen Lauf der Zeit eine tiefe Schlucht in das Kalkgestein des südfranzösischen Zentralmassivs geschnitten hat.
Vom Aussichtspunkt Baume Auriol erkennt man unten, an der Siedlung Navacelles eine austernförmige Pyramide. Hier hat sich zwischen zwei Flussschläufen eine Abkürzung gebildet, in der jetzt ein Wasserfall zum Baden im Wasser einlädt, das auch im Sommer selten wärmer als 12 Grad ist.
Wanderung in die Vergangenheit
Auf einer Wanderung durch die Schlucht von Navacelles erfährt man beiläufig, wie das ländliche Leben vor tausend Jahren abgelaufen ist. Ziel der zweistündigen Wanderung sind die Moulins de la Foux, zu denen auch heute noch keine befahrbare Straße führt. Vom Weiler Navacelles startet man noch über eine asphaltierte Departementsstraße.
Der Einstieg liegt in der Gabelung zweier Department-Straßen und ist leicht zu finden, obwohl man noch nicht glauben möchte, dass hier die Wanderung in die Einsamkeit beginnt.
Das Wandern ist des Müllers Lust
Schon bald wird der Weg eng und wenn sich nicht viele Wanderer hierhin verirren, wächst er gelegentlich auch ganz zu. Die Vis mäandert sich kurvenreich durch das immer dunkler werdende Tal. Es gibt warnende Hinweisschilder, dass das Wasser überaschend schnell ansteigen kann. Kein Wunder denkt man wandernd, denn immerhin hat der heute so friedliche Fluss diesen gewaltigen Canyon mit seiner Kraft geschaffen.
Auch versteht man auf dem Weg am besten, welche Bedeutung Mühlen früher gehabt haben mussten. Schließlich waren sie zu ihrer Blütezeit die einzigen Industriebetriebe, in denen Maschinen liefen. Der Beruf des Müllers hatte sozial auch eine besondere Bedeutung. Für jeden Bauern gehörte der Gang zur Mühle zum Alltag. Wegen der damals härteren körperlichen Arbeit wurde mehr Brot als heute gegessen und das Mehl dazu konnte es nur in der nächstgelegenen Mühle geben. Das Wandern ist also nicht des Müllers Lust, denn der lebte ja da, wo es Wasserkraft gab, die Mühlräder antreiben konnte. Getreide und Mehl wurde auf Maultieren oder von den Bauern auf ihrem eigenen Rücken transportiert.
Die soziale Rolle einer Mühle
Fast 900 Jahre lang hatte der Müller eine bedeutende gesellschaftliche Stellung. Seine Arbeit war gleichermaßen mysteriös wie einfach. Mit der einzigen Maschine, die es im ländlichen Raum gab, bändigt er die Kräfte der Natur, um Getreide in Mehl zu verwandeln. Auch gesellschaftlich wirkt er als Vermittler. Sein Wirkungsort ist abgelegen und dennoch muss man sich bei ihm treffen. Die Moulins-de-la-Foux sind in dieser Hinsicht besonders privilegiert, weil sich hier die fünftstärkste Quelle Frankreichs befindet, die kaum einen Ausfall zu befüchten hat.
Die Geschichte der Moulins-de-la-Foux
Die erste Mühle wurde vor fast tausend Jahren an dieser Stelle gebaut, wo das Wasser mit hohem Druck aus dem Berg strömt. Das Mühlengebäude war so konstruiert, dass es mit seinem Gewicht dem Wasserdruck standhalten konnte. Mehrere Mühlen sind kaskadenartig untereinander konstruiert und können so die Wasserkraft auf mehrere Mahlwerke verteilen, von denen jedes pro Stunde 30 Kilogramm Mehl produziert.
Fast in jedem Jahrhundert gab es eine Flut, die große Teile der Mühle zerstörte, aber immer wieder lohnte sich ein Wiederaufbau genau an dieser Stelle. Nur nach der Flut im Jahr 1907 wurde die Mühle nicht wieder in Betrieb genommen. Ihren heutigen Zustand verdankt sie einer Restaurierung, die 1997 begann und im Jahr 2000 fertiggestellt wurde