Mackinac Island zählt zu den beliebtesten Reisezielen im Mittleren Westen der USA. Die kleine Insel in der Meerenge von Mackinac bietet auf knapp 10 Quadratkilometern eine Fülle an historischen, architektonischen und wer es süß mag, sogar kulinarischen Attraktionen. Ein Tagesausflug reicht kaum aus, um alles gebührend zu erkunden. Eine Reise nach Mackinac Island ist wie eine Zeitreise, bei der Gegenwart und Vergangenheit verschmelzen. Besonders in der Nebensaison gelingt dieser Timeride gut, denn je weniger Zeitgenossen, desto intensiver das Zeitreisegefühl.
Ritt in die Vergangenheit
Die Reise in die Vergangenheit beginnt mit einer Fahrt im Speedboot. Die Fähre der Shepler’s Island Ferry prescht in nur 15 Minuten über den Lake Huron. Sobald man auf Mackinac Island ankommt, spürt man sofort die entschleunigte Atmosphäre. Hier gibt das Klappern der Pferdehufe den Takt vor. Mackinac Island ist eine autofreie Insel und das schon seit der Erfindung des Automobils. Bei der Rundreise durch Michigan haben wir zunächst in der Stadt Detroit Station gemacht. Henry Ford, das Modell T und die Fließbandproduktion sind deshalb noch ganz präsent. Und nun kommt man an einen Ort, der sich seit 125 Jahren erfolgreich gegen pferdelose Wagen wehrt. Es ist ein Ort, den man in den USA nicht erwarten würde. Gerade deshalb sollte Mackinac Island auf keiner Reiseroute durch Michigan fehlen.
Mit zwei Pferdestärken unterwegs
Im Juli 1898 beschloss der Gemeinderat von Mackinac Island, dass das Führen von pferdelosen Kutschen in den Grenzen des Dorfes Mackinac verboten ist. Dieses Automobilverbot wurde im selben Jahr erlassen, in dem Henry Ford im 500 Kilometer entfernten Detroit seinen Job bei Thomas Alva Edison kündigte und die Detroit Automotive Company gründete. Eine Firma, die nach kurzer Zeit wieder Konkurs anmelden musste. Erst im Jahr 1913 rollte das berühmte Ford Modell T vom Fließband. Die wegweisende Entscheidung der Inselbewohner war vor allem Lobbyarbeit für die Kutschunternehmen. Denn ein Jahr zuvor, 1887, hatte das noble Grand Hotel auf der Insel eröffnet. Es wurde in Rekordzeit erbaut und beeindruckt bis heute mit seiner weißen Holzveranda. Damals war es selbstverständlich, eine Kutsche zum Hotel zu nehmen. Die konsequente Ablehnung der Automobilität erwies sich als Glücksfall für die kleine Insel. Mackinac Island zählt bis heute zu den beliebtesten Reisezielen im Mittleren Westen der USA.
Das Grand Hotel – ein Hauch Good Old Europe
Das Grand Hotel wurde 1989 zum National Historic Landmark erklärt. Die 200 Meter lange Veranda aus Kiefernholz gilt als die längste Veranda der Welt. Von hier aus haben die Gäste einen Blick auf die Gartenanlagen und den Huronsee. Sogar die berühmte Mackinac Brücke, die die untere mit der oberen Halbinsel Michigans verbindet, ist von hier aus zu sehen. Das Grand Hotel begeisterte in seinen Anfängen wohlhabende Familien aus Detroit und Chicago. Viele US-Präsidenten und Staatsgäste waren hier zu Gast. Der viktorianische Baustil, die sensationell lange Veranda, prunkvolle Gesellschaftsräume, individuell eingerichtete Zimmer und mehrere Restaurants versprühten die Eleganz und Weltläufigkeit europäischer Grandhotels.
Allerdings wurde der viktorianische Charme des Hotels mit der Zeit etwas übertrieben. Das ehrwürdige Haus wirkt vom Parlor bis zur Cupola Bar wie eine etwas zu grell geschminkte Lady, die von ihrem Alter ablenken möchte. Den Afternoon-Tea oder ein Grand Lunch können auch Gäste buchen, die nicht im Grand Hotel wohnen. Von der Cupola Bar in der fünften Etage hat man einen tollen Blick auf die Meerenge von Mackinac. Mit dem roten Aufzügen gelangen Tagesgäste in die Kuppel. Der Eintritt für eine Hotelbesichtigung auf eigene Faust kostet zehn Dollar.
Klipp-Klapp: Der Sound der Insel
Die älteste und bis heute beliebteste Touristenattraktion auf Mackinac Island ist eine Fahrt mit der Pferdekutsche. Die Kutscher sind gleichzeitig Reiseführer und erzählen unterhaltsame Geschichten über die Insel. Sie berichten von den Native Americans, die die Insel als Bestattungsort nutzten, von den Franzosen, die hier eine Drehscheibe für den Pelzhandel aufbauten, von den Engländern, die die Franzosen vertrieben und das Fort bauten. Auch das Automobilverbot, die Arbeit mit den Pferden, die ruhigen Winter oder aktuelle Inselpolitik werden während der Kutschfahrt angesprochen. Seit jeher skeptisch eingestellt gegenüber neuen Fortbewegungsmöglichkeiten, wurde 2023 auch das Fahren mit E-Bikes verboten. Der Charme der Insel mit dem Sound der Pferdehufe sollte bewahrt werden. Auf Mackinac Island wird alles mit der Pferdekutsche transportiert, von der Müllabfuhr bis zur Getränkelieferung. Mehrere Anbieter von Kutschfahrten stehen mit ihren Gespannen auf der Market Street. Im September endet die Saison auf der Insel, viele Restaurants und Geschäfte schließen. Auch die meisten Pferde verlassen dann die Insel und erholen sich von der Sommersaison in Ställen auf dem Festland.
Fort Mackinac
Fort Mackinac ist ein weiterer Ort auf der Insel, der einen wunderbaren Blick auf die Bucht von Haldimand und den Huronsee bietet. Neben der Aussicht lockt die Geschichte rund um das Fort die Besucher an. Auch die Briten waren 1780 von den hohen Klippen angetan und wählten die Insel als stragetischen Standort für eine Militärbasis. Das Kommando im Fort wechselte mehrmals zwischen Engländern und Amerikanern. Das Fort blieb bis 1895 in Betrieb.
Weitere Inselvergnügungen
Die Freizeitangebote auf Mackinac Island sind vielfältig. Hier gibt es den einzigen autofreien Highway der USA, die M185. Die 13 Kilometer lange Straße hat kaum Steigungen, aber viele schöne Aussichtspunkte von der Voyageur’s Bay bis zum British Landing, vom Pontiac’s Lookout bis Gitchee Manitou. Eine Runde um die Insel ist eine Reise durch die Geschichte. Seit 2016 gibt es entlang des Highways den Native American Cultural History Trail, der an sechs Standorten Auskunft über die Kultur der Ureinwohner gibt. Wie jede Urlaubsinsel bietet auch Mackinac Island Wassersportaktivitäten an, wie Inselrundfahrten, Charterbootverleih, Kajaktouren, Bootsausflüge bei Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang. Natürlich kann man auf Mackinac Island auch Golf spielen und einen Ausritt per Pferd unternehmen.
Murdick’s Fudge und die Fudgies
Lange bevor die Fans von Popstar Taylor Swift den Spitznamen Swifties bekamen, nannte man auf Mackinac Island die Menschen, die im Sommer vor den Fudge-Geschäften Schlange stehen, Fudgies. Mackinac Island Fudge beansprucht für sich, das bekannteste Lebensmittel Michigans zu sein. Während der Saison werden täglich über 4.000 Kilogramm Fudge von mittlerweile sieben Fudge-Produzenten in Handarbeit hergestellt. Das Rezept für das Weichkaramell aus Zucker, Butter und Milch soll der Legende nach in Baltimore erfunden worden sein. Doch Sara Murdick brachte das Rezept bei ihrer Ankunft im Jahr 1887 mit auf die Insel. Ihr Sohn Rome Murdick machte aus der Karamellproduktion eine Show, indem er Fudge auf Marmorplatten herstellte. Die Kunst der Fudge-Herstellung wurde bald zu einem Wettbewerb, bei dem die Kunden zuschauten, wie Rome und seine Konkurrenten das abkühlenden Fudge auf den Marmorplatten balancierten und geschickt formten.
Doud’s Market seit 1884
An den Fudge-Stores der Insel kommt sicherlich niemand mehr vorbei. Ganze sieben Manufakturen und noch mehr Verkaufsstellen gibt es auf der Insel. Ein besonderer Hinweis gebührt Doud’s Market. Das Geschäft auf der Ecke Fort Street und Main gilt als Amerikas ältester Lebensmittelladen. Seit 1884 versorgt der Laden ganzjährig Inselbewohner und Touristen mit den Dingen des täglichen Bedarfs, von frischen Sandwiches bis zu Angelhaken. Der Laden wirkt charmant aus der Zeit gefallen, mit Holzregalen und handgeschriebenen Schildern. Auch Amish People kaufen hier ein. Viele Familien dieser religiösen Minderheit, besuchen oder arbeiten als Handwerker auf Mackinac Island. Schließlich kann kaum jemand anders noch Pferdekutschen reparieren. Es gibt keinen besseren Beweis dafür, dass auf Mackinac Island eine Zeitreise möglich ist.
Anreise mit der Fähre
Die Anreise mit Shepler’s Ferry ist schnell und bequem. Übernachtungsgäste geben ihr Gepäck am Fährableger ab, noch bevor sie das Auto parken. Die Koffer werden mit einem Gepäckanhänger versehen, auf dem der Name des Hotels steht. Anschließend kann das Auto auf dem Langzeitparkplatz abgestellt werden. Ein Speedboot benötigt nur 15 Minuten bis zur Insel. Das Servicepersonal bringt das Gepäck ins Hotel. So kann man sofort nach der Ankunft mit der Inselbesichtigung beginnen. Ein schönes Hotel auf der Hauptstraße ist das Lake View Hotel. In Millie’s on Main gibt es lokale Biersorten, White Fish aus den Großen Seen oder schmackhafte Burger.
Unsere Reise durch Michigan startet in der Hauptstadt Detroit mit Klassikern und neuen Attraktionen einer Stadt im Wandel. Der riesige Bahnhof Michigan Central, einst löchrige Ruinie feierte 2023 sein Comeback als Forschungsstandort für Mobiltiät. Doch schon länger sind die Möglichkeiten der Fortbewegung in Detroit äußerst vielfältig, denn in Motown funktioniert Mobilität auch ohne Auto ziemlich gut. Weiter geht es nach Traverse City am Michigansee mit dem Nationalpark Sleeping Bear Dunes. Mission Point Lighthouse ist einer dieser Leuchttürme mit Geschichte. Warum der Leuchtturm in Grand Traverse County besonders beliebt bei Frauen ist, erzählen wir in der Geschichte über Sarah Lane und das Wärterprogramm. Weiter geht es nach Charlevoix. Der Ort hat maritimes Flair und viele Steine. Am Strand findet man Petoskey-Steine und im Ort die berühmten Steinhäuser von Earl Young. USA ohne Autos? Tatsache auf Mackinac Island. Die Erfolgsgeschichte der Schwerindustrie von Michigan begann mit einer Niederlage.
Die Recherche wurde von Mackinac Island Tourism und Pure Michigan unterstützt