Papua Neuguinea im Südpazifik besteht aus einer großen Zahl von Inseln und gilt als das Land mit der weltweit größten kulturellen Vielfalt. Auf den zum Staat gehörenden ca. 1.400 Inseln werden ca. 800 verschiedene Sprachen gesprochen. Auf einigen kleinen Inseln leben abgeschieden vom Rest der Welt nur wenige Menschen. Im Jahr 2019 habe ich das australische Expeditionsschiff True North auf einer Reise begleitet. Alle Eindrücke dieser Reise sind vor allem von den menschlichen Begegnungen geprägt.
Auf der dünn besiedelten Insel Panasia können sich die älteren Einwohner noch an die Zeit erinnern, in der hier Kannibalismus eine Rolle gespielt hat. Wenn heute Fremde ihren Fuß auf die Insel setzen, muss der Kontakt feinfühlig aufgenommen werden. Wichtige Voraussetzung für die Verständigung ist die Überwindung der Sprachbarriere. Der australische Guide für Papua Neuguinea, Simon Tewson, beherrscht die zwischen den Inselbewohnern übliche Verkehrssprache Tok Pisin und ist kann zwischen den Kulturen vermitteln.
Simon erkundigt sich nach dem Wohlbefinden der Inselbewohner. Falls Wasser oder Lebensmittel fehlen, würde die True North mit Bordmitteln helfen. Aber hier sind alle gesund und da es in den Tagen zuvor genug geregnet hat, sind die Sammelbehälter des Dorfes voll Wasser. Die True North hätte sonst mit einigen Kanistern ausgeholfen. Schließlich werden an Bord durch Umkehrosmose pro Stunde 1.500 Liter Trinkwasser erzeugt.
Noch am Strand wird besprochen, was die ausländischen Besucher auf der Insel erleben können. John, der Dorfvorsteher, verabschiedet sich von seiner Familie und begleitet Simon und seine Vorhut zurück aufs Schiff, von dem aus er für diesen Tag unsere Landausflüge begleiten wird.
Mit wasserfestem Schuhwerk, das nach der feuchten Landung am Strand auch für die Wanderung mit Anstieg geeignet ist, erreichen wir den kleinen Eingang einer Höhle, die sich im Inneren zu einer riesigen Naturkathedrale öffnet. Der Himmel ist nicht zu sehen. Aber das von oben hereinfallende Tageslicht reicht, um den Brackwassersee im Höhleninneren zu erkennen. Auf einer Art Podest wird unter einem natürlichen Trichter Regenwasser gesammelt.
Dem Kannibalismus auf der Spur
Ein zweiter Ausflug am Nachmittag führt uns auf der Nachbarinsel zu einer geheimnisvollen Kultstätte. Der Trampelpfad ist auf dem scharfkantigen Felsgestein kaum zu erkennen. Trotzdem befinden wir uns auf der Spur eines noch bis in die jüngste Zeit praktizierten Kannibalismus.
Wir betreten eine unscheinbare Höhle. Noch im vorigen Jahrhundert war dieser Ort eine Kultstätte. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen wurden die getöteten Feinde hier verspeist. Mit einer solchen magischen Handlung glaubte man, sich die Kräfte der Feinde anzueignen. Später erzählt Simon uns, dass er noch vor wenigen Jahren mit jemandem gesprochen hat, der an einer solchen Kannibalen-Mahlzeit teilgenommen hat.
Warmer Regen und eine feuchte Segelregatta
Obwohl die True North an jeder Küste einen Zugang ans Land findet, spielt Wasser als Element auf der Expedition nach Papua Neuguinea eine Hauptrolle. Mit sechs Abenteuerbooten geht es wahlweise zum Angeln, Schnorcheln, Tauchen oder einfach zum Sightseeing.
Polynesische Seefahrt wird seit Jahrtausenden bewundert
Den Ruf als die perfektesten Segler haben die Polynesier schon ewig. Noch heute werden sie von modernen Seefahrern für ihr Talent bewundert. Die Fahrt in einem klassischen Auslegersegelboot ist ein unvergessliches Erlebnis.
Die traditionellen Prau-Boote konnten es bis vor kurzem mit den schnellsten High-Tech-Booten beim Americas Cup aufnehmen. Den Grund vermutet man in der besonderen Aerodynamik des dreieckigen Deltasegels das auch Krebsscherensegel genannt wird. Kaum zu glauben, dass diese Technik schon vor 10.000 Jahren hier in Polynesien erfunden wurde.
Kulturelle Vielfalt und koloniales Erbe
Auf der 11-tägigen Tour mit der True North gewinnen wir bei den zahlreichen Landgängen einen recht repräsentativen Eindruck der kulturellen Vielfalt Papua Neuguineas. Es ist gut, mit Simon Tewson jemanden an Bord zu haben, der neben der reibungslosen Verständigung auch selbst ständig auf der Suche ist. So hat er beim Aufenthalt in Bougainville den Vizepräsidenten der autonomen Region zu einem Besuch an Bord überredet.
Bougainville war bis zum Ersten Weltkrieg eine deutsche Kolonie und stand danach unter englischem, japanischem, neuseeländischen und australischem Einfluss. Auch als es 1974 dem in die Unabhängigkeit entlassenen Papua Neuguinea zugeschlagen wurde, konnten sich die sehr naturverbundenen Bewohner nicht mit der Fremdbestimmung abfinden. Zumal der für die Zentralregierung lukrative Kupfertagebau in der Panguna-Mine weite Landstriche Bougainvilles vergiftet und für Jahrzehnte unbewohnbar gemacht hat.
Nach dem Bürgerkrieg gegen die Regierungsarmee von Papua Neuguinea und einer jahrelanger Übergangsphase als autonome Region stand bei unserer Ankunft in Bougainville fest, dass die Volksabstimmung mit 98 Prozent zugunsten der Unabhängigkeit ausgefallen ist.
Nach Jahren der Isolation und politischer Ungewissheit macht sich Zuversicht breit. Wer erfährt, dass ich aus Deutschland komme, drückt die Hoffnung aus, dass Bougainville auch bei uns wahrgenommen und bald als neues Mitglied in die internationale Staatengemeinschaft aufgenommen wird.
Typisch für Bougainville sind die Bamboo-Bands. Die Dorfbewohner verwenden Flip Flops, mit denen sie auf gestimmte Bambusrohre schlagen. Das Gummimaterial der Flip Flops eignet sich perfekt, um einen Luftimpuls auf die Bambusrohre zu übertragen und so den gewünschten Klang zu erzeugen. Ein kleines Video zeigt die spontane Freude über den lange erwarteten Regen, die sie mit einer australischen Besuchergruppe teilen.
Wet-Landing am Strand
Immer wenn Simone, unsere Cruise Direktorin eine feuchte Landung ankündigt, beginnt für die Gäste das Abenteuer schon am Strand.
Selbst wenn es viel Motion on the Ocean gibt, wie Kapitän Gav größere Wellen auch rhetorisch zu bändigen versteht, bringt seine Mannschaft alle Gäste wohlbehalten an Land.
Die Begegnung mit den Einheimischen läuft überall sehr respektvoll ab. Mit nützlichen Mitbringseln revanchieren sich einzelne Passagiere der True North für die Gastfreundschaft, die sie schon auf früheren Reisen miterlebt haben.
Neben Fischerei-Zubehör und Geld sind es vor allem Bälle und Schreibwaren für die Schulkinder, mit denen die True North die Bevölkerung unterstützt. Vor allem im Austausch mit den örtlichen Lehrern ist zu erfahren, was auf den extrem abgelegenen Inseln dringend benötigt wird. Kaum vorstellbar: Einen Arzt sehen die Leute nur einmal im Jahr – manchmal.
Cricket statt Kampf
Auf den Trobriand Inseln, die wegen der hier herrschenden freizügigen Sexualvorstellungen auch als die Inseln der Liebe bezeichnet werden, wurden wir zu einem sportlichen Wettkampf herausgefordert.
Das Cricketspiel ist auf den Trobriand Islands eingeführt worden, um die Streitlust der Männer in friedliche Bahnen umzulenken. Bunt und farbenfroh marschieren die beiden Mannschaften brüllend in die Arena. Ihre Kampfschreie gehen auch beim Spiel durch Mark und Bein und man möchte nicht wissen, wie die Übersetzung lautet. Zunächst spielen die beiden einheimischen Mannschaften gegeneinander. Nach und nach übernehmen dann auch die ausländischen Besucher eigene Rollen als Werfer oder Schläger.
Überall auf Papua Neuguinea wird gerne gefeiert und gesungen. Sing-Sing nennen sich diese Feste in der gemeinsamen Pidgin-Sprache auch wenn sie sich stark voneinander unterscheiden.
Reisehinweise des Auswärtigen Amtes für Papua Neuguinea
Reisehinweise: Australien für europäische Touristen
Wandkalender mit Fotos von Georg Berg im Buchhandel (auch online) in verschiedenen Größen erhältlich: Trobriand Inseln der Liebe (*)
Die Kosten der Schiffsreise wurde der Redaktion nicht in Rechnung gestellt