Wie lässt sich Chicago am besten erkunden? Natürlich zu Fuß. Man schlendert durch die Straßen und macht Pausen, wann und wo man möchte. Chicago ist die Stadt, in der Wolkenkratzer erfunden wurden. Das verschafft schöne Perspektivwechsel. Das, was wir in Europa als Altstadt bezeichnen würden, ist in Chicago als The Loop bekannt, das Geschäftsviertel in Downtown Chicago. Nach dem großen Feuer von 1871, das ein Viertel der Stadt zerstörte und zu einer großen Wohnungsnot führte, begann man hier, in die Höhe zu bauen. Die ersten Hochhäuser entstanden.
Heute gibt es in Chicago über 400 Wolkenkratzer. Ende des 19. Jahrhunderts schossen viele historische Hochhäuser, versehen mit einem feuerfestem Stahlskelett, wie Pilze aus dem Boden. Doch neben der faszinierenden Architektur über Tage, gibt es in Chicago auch bemerkenswerte Konstruktionen unter der Erde. Wir schildern zwei Attraktionen in Chicago, die exklusiv für Fußgänger angelegt wurden und zudem kostenlos sind.
Der Chicago Riverwalk
Der Riverwalk ist zu einer echten Freizeit- und Erholungsoase inmitten der Wolkenkratzer von Chicago geworden. Die zwei Kilometer lange Uferpromenade wurde ab 2001 in mehreren Phasen errichtet und durchquert die Stadtteile The Confluence, The Arcade, The Civic und The Esplanade.
Auf dem Chicago Riverwalk gibt es Restaurants, Bars, Cafés, kleine Parks, Boots- und Kajakverleihe sowie Denkmäler und Streetart. Die Promenade verläuft am Südufer des Chicago Rivers. Es gibt mehrere Treppen hinunter zum Riverwalk. Einer der Zugänge befindet sich an der DuSable Bridge auf der Michigan Avenue. Auf der gesamte Strecke hat man immer wieder eine wunderbare Aussicht auf architektonisch bedeutsame Wolkenkratzer. Am Hauptarm des Chicago River gibt es zudem viel öffentliche Kunst und Streetart zu entdecken. Die Benutzung der Promenade ist kostenlos. Der Chicago Riverwalk ist zwischen 6 Uhr morgens und 23 Uhr abends geöffnet.
Unter Tage – Chicago Pedway
Der Chicago Pedway ist ein Fußgängersystem, das in Downtown Chicago 40 Häuserblocks miteinander verbindet. Es besteht aus unterirdischen Tunneln und überirdischen Brücken und erstreckt sich über etwa fünf Meilen. Wer jetzt denkt, dass es sich um düstere und enge Gänge handelt, in denen es übel riecht und sich der Müll stapelt, liegt falsch. Die breiten Korridore sind teilweise mit Teppichboden ausgelegt, hell erleuchtet und sauber. Der Pedway wird täglich von Zehntausenden von Fußgängern genutzt und verbindet öffentliche und private Gebäude, Bahnhöfe und U-Bahnlinien. Also hinab in Chicagos Unterwelt.
Bei dem Begriff Chicagoer Architektur denkt man in der Regel an die beeindruckenden Wolkenkratzer. Doch es gibt auch die Architektur des unterirdischen Chicagos. Die Stadt ist durchzogen von weitgehend unbekannten Tunneln, Passagen und Abwasserkanälen. Der Chicago Pedway ist eine sehr benutzerfreundliche Einrichtung unter der Erde, denn das Wetter der Stadt am Michigansee ist bekannt für seine Extreme. Im Sommer ist es sehr heiß, im Winter eiskalt, dazu kommen oft starker Wind, Regen oder Schnee. Der Pedway ist im Winter warm, im Sommer kühl und immer trocken.
Die Entwicklung des Pedway begann 1951, als die Stadt Chicago einen Tunnel an der Washington Street und am Jackson Boulevard baute, um die U-Bahnlinien Red Line und Blue Line miteinander zu verbinden. Seitdem wurde der Pedway durch öffentliche und private Investitionen erweitert. Das Fußgängersystem verbindet heute mehr als 50 Gebäude unter den Häuserblocks im berühmten Chicago Loop. Der Pedway ist eine sichere und schnelle Möglichkeit für Fußgänger, sich in der Windy City fortzubewegen. Die Wege sind durch das Symbol einer Windrose gekennzeichnet. Es gibt auch die Möglichkeit, eine Karte des Pedways auf das Handy zu laden.
Durch den Tunnel ins Hotel
Der Pedway ist eine praktische Einrichtung. Theoretisch kann man bei ungemütlichstem Regenwetter ohne Schirm und mit feinen Schuhen das Hotel verlassen und sich zum Einkaufen nach Macys begeben oder ein Restaurant besuchen. Im Radisson Blu Aqua auf dem Columbus Drive, sowie in einigen anderen Hotels in Downtown, gibt es einen direkten Zugang aus der Lobby zum Pedway. Viele Hotelmitarbeiter und auch Hotelgäste nutzen diesen Weg. Das Radisson Blue Aqua ist auch ein lohnenswerter Halt bei der Erkundungstour durch das unterirdische Fußgängersystem. Die Lobby des Hotels ist absolut sehenswert und das Restaurant FireLake mit amerikanischen Holzkohlegrill und Farm-to-Table-Philosophie ist empfehlenswert. Hotel und Restauant liegen nur wenige Schritte vom Lake Michigan und dem Millennium Park entfernt.
Der weibliche Blick: Architektin Jeanne Gang – Fotografin Vivian Maier
Ein genauerer Blick auf den Aqua Tower lohnt sich aus zwei weiteren Gründen. Der erste Grund versteckt sich ein wenig, so wie es auch die Fotografin Vivian Maier ihr Leben lang tat. Vivian Maier ist die große Unbekannte der Fotografiegeschichte. Ihre großartige Fotokunst wurde erst nach ihrem Tod entdeckt. Sie fotografierte fast fünf Jahrzehnte lang wie besessen. Doch niemand bekam diese Fotos zu Gesicht, auch sie selbst nicht, denn ihr fehlte das Geld, um die Filme entwickeln zu lassen. In der Lobby des Radisson Blu Aqua hängen zehn ihrer Bilder aus dem Chicago der 1950er- und 1960er-Jahre. Absolut sehenswert, vor allem weil es in Chicago noch keine Dauerausstellung mit Fotografien von Vivian Maier gibt. Die Suche nach Vivian Maier und die akribische Recherche ihrer Biografin Ann Marks haben zahlreiche Puzzlesteine der problematischen Lebensumstände Vivian Maiers ans Licht gebracht. Nach sechs Jahren intensiver Detektivarbeit erschien Ende 2023 das Buch Das Leben der Vivian Maier. Die Nanny mit der Kamera. Hier geht es zu unserer Buchrezension Ein Leben durch den Sucher.
Der Aqua Tower hielt mit 262 Metern lange den Rekord für den höchsten von einer Frau entworfenenen Wolkenkratzer. Das 81-stöckige Hotel und Wohnhaus auf dem Columbus Drive wurde 2009 nach den Enwürfen der Star-Architektin Jeanne Gang fertiggestellt. Der Aqua Tower wurde für sein Design mit den geschwungenen Balkonen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem 2009 als Wolkenkratzer des Jahres (Emporis Skyscraper Award). 2020 ging der Titel für das höchste von einer Frau gebaute Gebäude auf das in direkter Nachbarschaft stehende 365 Meter hohe St. Regis über. Jeanne Gang konnte den Titel behalten, denn das nun dritthöchste Gebäude in Chicago wurde ebenfalls von ihr entworfen.
In Chicago muss niemand in Fast-Food-Ketten essen. Drei Foodtipps, die Essen mit Kultur und Geschichte verbinden. Von fiktiven Sandwichbuden bis zur Queen of Chicago.
Die Recherche wurde von Choose Chicago unterstützt