Wandert man von Visperterminen hinab nach Visp, bestätigt sich die alte Lebensweisheit des Konfuzius. Der Weg ist hier das Ziel und er macht glücklich. Der höchste Weinberg Europas ist gespickt mit fantastischen Ausblicken in die Schweizer Alpen, man läuft über uralte Kulturpfade, entlang an historischen Rebstöcken und Stützmauern, zwischendurch bieten sich kulinarische Verlockungen. Die gute Bergluft ist ein ständiger Begleiter.
Eine Wanderung durch Europas höchsten Weinberg
Die Wanderung führt über die Flanke von Europas höchstem Weinberg. Auf einer Strecke von rund acht Kilometern läuft man einen abwechslungsreichen Rebwanderweg entlang. Im Sommer ist es besonders angenehm sich mit dem Postauto bis Visperterminen fahren zu lassen und dann den Weg vom Berg ins Tal zu wandern. Es spricht natürlich auch nichts dagegen, den Weg von Visp startend zu beginnen.
Acht Kilometer lang und gut 450 Höhenmetern hat die Strecke bis zum 1.170 Meter hoch gelegenen Heidadorf Visperterminen. Hier gibt es verschiedene Einkehrmöglichkeiten. Wer noch höher hinaus möchte, fährt von Visperterminen mit der Sesselbahn bis Giw auf 2.000 Meter. Auf dem Rückweg runter nach Visp sollten Weinliebhaber auf jeden Fall eine Degustation in der St. Jodern Kellerei einplanen. Die Kellerei ist benannt nach dem heiligen Theodul, der hier auch St. Jodern genannt wird. Er wird als Landespatron des Wallis und Kirchenpatron von Visperterminen verehrt. Einer Legende nach soll Sankt Jodern in einem Notjahr, in dem im ganzen Wallis nur ein einzige Traube gewachsen war, mit dem Saft dieser Traube alle Fässer im Lande gefüllt haben.
Der Reblehrpfad und der Tärbiner Kulturweg
Auf 40 Informationstafeln wird viel Wissenswertes über die Walliser Weine, die Rebsorten des Berges sowie deren Erziehungsform und die Anbaumethoden erzählt. Damit die steilen Hänge überhaupt für die Bewirtschaftung nutzbar gemacht werden konnten, werden hier seit Jahrhunderten kunstvoll Stützmauern gebaut. Es ist ein traditionelles Handwerk, das imposante Steinterrassen hervorgebracht hat.
Vom Tal kommend informiert der Tärbiner Kulturweg über Bräuche und das Leben der Terbiner. Auf halbem Weg liegt die St. Jodern Kellerei. Hier lässt sich in einem modernen Ambiente das vielfältige Wein-Sortiment degustieren. Walliser Spezialitäten werden ebenfalls angeboten.
Eingerahmt von den höchsten Schweizer Bergen wächst in Visperterminen der Wein bis auf eine Höhe von 1.150 Meter. Diese Rebstöcke bilden somit den höchsten Weinberg in ganz Europa. In kurzen Terrassen mit hohen Trockensteinmauern klettert der Weinberg auf engstem Raum die 500 Höhenmeter von Visp im Tal bis zur höchstgelegenen Parzelle. Hunderte von Stützmauern machen aus den Steilhängen kleine Rebgärten. Die Pflege und auch die Weinlese sind pure Handarbeit.
Es ist Ende September im höchsten Weinberg Europas. Wenn in einigen Wochen der erste Schnee auf die Rebstöcke fällt, wirkt er mitunter als Isolationsdecke. Zudem spendet auch die Wintersonne durch die extreme Ausrichtung der Südhänge und durch die Speicherfährigkeit der Trockensteinmauern langanhaltende Wärme.
Die St. Jodern Kellerei – Eine Genossenschaft
Die Genossenschaft St. Jodern Kellerei wurde 1979 gegründet. Sie produziert rund 40 Prozent Rotweine und 60 Prozent Weissweine mit einem Volumen von 400.000 Flaschen pro Jahr. Die Kellerei hat rund 600 Mitglieder. Kleinste Parzellen befinden sich oft Familienbesitz. Hier gibt es immer wieder auch ein Nachfolgeproblem.
Die Arbeit ist im steilen Hang sehr beschwerlich. Einige Familien machen aus der Ernte jedes Jahr ein wahres Familien-Event, andere dagegen haben Schwierigkeiten die Rebstöcke zu betreuen und die Weinlese durchzuführen. Daher wurde von der genossenschaftlich geführten St. Jodern Kellerei ein Rebmeister eingestellt.
Es ist gerade Weinlese im höchsten Weinberg Europas. Die Weinlese zieht sich meist über vier Wochen. Der bekannte Heida, eine uralten helle Rebsorte, ist schon geerntet. Von den vielen Mitgliedern der Genossenschaft wird Pinot Noir gelesen und sofort zur Annahmestelle der St. Jodern Kellerei gebracht. Zeitweise bildet sich ein kleiner Rückstau bis fast auf die Straße.
Die Weintrauben werden in genormten Plastikboxen gesammelt. Das ist wichtig denn nur so kann ihr Gewicht und die Qualität bei der Anlieferung dem jeweiligen Weinbauern zugeordnet werden. Die Reben werden unmittelbar nach der Anlieferung entrappt und gequetscht. Nach der automatischen Messung des Öchslegrads wird die abgelieferte Ernte der einzelnen Parzellen nach Sorte und Qualität sortiert und weiterverarbeitet.
Heida und Heida Veritas – Spitzenwein mit ausgeprägter Mineralität
Die St. Jodern Kellerei steht für eine vielfältige Weinpalette. Das Klima hier am höchsten Weinberg Europas ist mediterran und rauh zugleich. Die Weinberge von Visperterminen sind von den höchsten Schweizer Bergen umgeben. Durch die Alpenfaltung enthalten die Böden eine hohe Mineralität in einer einzigartigen Lage. Der Heida Wein wurde 2014 vom britischen Weinmagazin Decanter zum besten Weisswein der Welt gekürt.
Heida Veritas und die Kraft der über 100-Jährigen
Bei allen Superlativen, die dieser Weinberg zu bieten hat, kommt auch noch ein lebendiger Schatz von rund 45 Hektar wurzelechter, nicht gepfropfter alter Heida-Rebstöcke hinzu. Es ist ein kleines Wunder am Weinberg, denn den Reben des Heida Veritas hat die große Reblausplage, die Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Europa wütete, nichts anhaben können. Die Rebstöcke sind von 1907. Die Traube ist kleinbeerig und sehr aromatisch. Vom Haida Veritas werden in St. Jodern nur 3.000 Flaschen pro Jahr produziert. Dieser rare Spitzenwein hat, wie man hier sagt, „richtig Fleisch am Knochen“.
Weiterführende Informationen
Die St. Jodern Kellerei in Visperterminen – Mehr über die Kellerei
Das Heidadorf Visperterminen – Visperterminen Tourismus
Die Recherchereise wurde vor Ort teilweise von Schweiz Tourismus unterstützt