Curaçao: Insel voller Farben

Von wegen Blue Curaçao! Die karibische Insel, die man vor allem mit der Farbe Blau verbindet, entfaltet ein Kaleidoskop an Farben und Geschichten. Von den berühmten Likören über die kunstvoll bemalten Fassaden in Willemstad bis zur blau-weiß-gelben Flagge – die Insel lebt in Farben. Hier verschmelzen koloniale Vergangenheit und moderne Gegenwart. 

Das dekorative Dushi Curaçao Schild ist vor allem bei Kreuzfahrt-Touristen ein beliebtes Fotomotiv / © Foto: Georg Berg
Das dekorative Dushi Curaçao Schild am Parlamentsgebäude ist vor allem bei Kreuzfahrt-Touristen ein beliebtes Fotomotiv / © Foto: Georg Berg

Viele Kreuzfahrt-Touristen bleiben nur ein paar Stunden, genießen die Sonne und kehren aufs Schiff zurück. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt mehr als Postkartenmotive. Spuren der niederländisch geprägten Vergangenheit, eng mit dem Sklavenhandel verknüpft, regen zur Auseinandersetzung mit der Geschichte an. Curaçao wandelte sich von einem niederländischen Handelsknotenpunkt zu einem autonomen Land im Königreich der Niederlande. Die nur hier gesprochene Sprache Papiamentu und eigene Traditionen stärken ein Selbstbewusstsein, das die Wunden der Kolonialzeit langsam heilt.

Blau ist die Farbe Curaçaos so wie hier am Strand und der Lagune von Grote Knip / © Foto: Georg Berg
Blau ist die prägende Farbe Curaçaos so wie hier am Strand und der Lagune von Grote Knip / © Foto: Georg Berg
Zwei Kreuzfahrtschiffe haben in der Hauptstadt von Curaçao angelegt / © Foto: Georg Berg
Zwei Kreuzfahrtschiffe haben in der Hauptstadt von Curaçao angelegt. Schon aus der Vogelperspektive fallen die bunten Fassaden der Häuser auf / © Foto: Georg Berg

Willemstads farbenfrohe Architektur

Die bunten Häuser von Willemstad haben einen interessanten historischen Hintergrund. 1817 erließ Gouverneur Albert Kikkert die Verordnung, alle Häuser in verschiedenen Farben zu streichen. Er litt angeblich unter Migräne, die das grelle Sonnenlicht auf den ursprünglich weißen Fassaden verstärkte. Mit der Zeit wuchs die Farbgebung der Häuser zu einem komplexen System sozialer und kultureller Bedeutungen heran.

In Curaçao zeigen die Nummernschilder der Autos unter der Landesflagge auch die bunten Hausfassaden der Handelskade in der Hauptstadt Willemstad / © Foto: Georg Berg
In Curaçao zeigen die Nummernschilder der Autos unter der Landesflagge auch die bunten Hausfassaden der Handelskade in Willemstad / © Foto: Georg Berg

Mehr als nur Fassade!

Die knalligen Hausfassaden, die Willemstad prägen, haben allmählich Konkurrenz durch kunstvoll gestaltete Wandgemälde bekommen. In den zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Vierteln Punda, Otrabanda, Pietermaai und Scharloo verwandeln sich Mauern in Leinwände, auf denen traditionelle Fassadengestaltung mit südamerikanischem Muralismo verschmilzt. Manche Wandbilder erzählen von der Geschichte und Kultur der Insel, sie thematisieren Widerstand, Emanzipation und den Zusammenhalt der Gemeinschaft.

Ein Motiv aus der Sklavenvergangenheit der ehemals niederländischen Kolonie Curaçao. Freiheit und Transformation ist der Titel des Wandgemäldes auf einer Mauer neben den farbigen Wohnhäusern auf der Pietermaai Straße / © Foto: Georg Berg
Ein Motiv aus der Sklavenvergangenheit der ehemals niederländischen Kolonie Curaçao. Freiheit und Transformation ist der Titel des Wandgemäldes auf einer Mauer neben den farbigen Wohnhäusern auf der Pietermaai Straße / © Foto: Georg Berg

Die Stadtviertel von Willemstad unterscheiden sich durch eigentümliche Farbkombinationen. Der historische Stadtteil Punda ist bekannt für die ikonischen, pastellfarbenen Fassaden an der Handelskade. Hier dominieren Farben wie Ocker, Orange, Hellblau und Pink, die das koloniale Erbe und den niederländischen Einfluss widerspiegeln. Auf der anderen Seite der St. Anna-Bucht liegt Otrobanda mit seiner lebendigen Streetart und kräftigeren Farben. Viele Gebäude von Pietermaai werden zurzeit renoviert und in auffälligen Farben wie Türkis, Rosa und Lila gestrichen, was dem Viertel zu einem modernen Flair verhelfen soll.

Curaçaos weiße Häuser

Die heute berühmten bunten Häuser Curaçaos strahlten einst in schlichtem Weiß. Das Museum Kas di Pal’i Maishi, auch Kunuku-Haus genannt, erzählt vom Leben der befreiten Sklaven nach 1863. Es ist ein traditionelles Lehmhaus, gebaut vor etwa 130 Jahren, und zeigt, wie die afro-curaçaoische Landbevölkerung bis Mitte des 20. Jahrhunderts lebte und arbeitete. Besucher erfahren hier auch, wie man früher Wandfarbe herstellte: In einer Feuerstelle brannte man Korallen mit Holzkohle zu Kalk, mahlte ihn und mischte ihn mit Aloe-Vera-Saft zu einer wasserabweisenden Farbe. Die weiße Wandfarbe setzte sich auf Curaçao aus praktischen Gründen durch: Sie schützt vor Witterung, reflektiert Sonnenlicht und senkt die Temperaturen in den Häusern.

Die erste weiße Wandfarbe auf Curacao wurde hergestellt, indem Korallen mit Holzkohle gebrannt wurden und das weiße Pulver dann in Aloe Vera aufgeschlämmt wurde / © Foto: Georg Berg
Die erste weiße Wandfarbe auf Curacao wurde hergestellt, indem Korallen mit Holzkohle gebrannt wurden und das weiße Pulver dann in Aloe Vera aufgeschlämmt wurde / © Foto: Georg Berg

Die wahre Geschichte des Curaçao-Likörs

Ein Irrtum weniger: Echter Curaçao-Likör von der Insel Curaçao muss nicht blau sein. Zwar ist die leuchtend blaue Farbe untrennbar mit der Identität der Insel verbunden und weltweit bekannt, doch ursprünglich war der Likör, destilliert aus den Schalen der Laraha-Orangen, glasklar. Erst aus Marketinggründen färbte man ihn mit Lebensmittelfarben – in Gelb, Grün, Rot und Blau.

Echter auf Curaçao von Senior im Landhuis Chobolobo Distillery hergestellter Curaçao Likör ist ein zunächst farbloses Destillat aus mazerierten Lahara Orangenschalen. Zugesetzte Lebensmittelfarben können ihn rot, gelb, grün oder (am bekanntesten) blau färben / © Foto: Georg Berg
Echter auf Curaçao von Senior im Landhuis Chobolobo Distillery hergestellter Curaçao Likör ist ein zunächst farbloses Destillat aus mazerierten Lahara Orangenschalen. Zugesetzte Lebensmittelfarben können ihn rot, gelb, grün oder (am bekanntesten) blau färben / © Foto: Georg Berg

Awa ta Bida – Wasser des Lebens

Das Leitungswasser auf Curaçao ist von bester Qualität und problemlos trinkbar. Da die Insel keine ausreichenden Süßwasserquellen hat, entsalzt man seit 1928 Meerwasser, um Trinkwasser zu gewinnen. Die Geschichte der Wasserversorgung zeigt ein langes Wandgemälde in der alten Entsalzungsanlage, das der Künstler Sander van Beusekom im Auftrag des Wasserversorgers gestaltet hat.

Wasser ist Leben. Die Geschichte der Trinkwasserversorgung auf Curaçao wird vor der alten Meerwasser-Entsalzungsanlage auf einem langen Wandbild erzählt / © Foto: Georg Berg
Wasser ist Leben. Die Geschichte der Trinkwasserversorgung auf Curaçao wird vor der alten Meerwasser-Entsalzungsanlage auf einem langen Wandbild erzählt / © Foto: Georg Berg

Mit einer Ölraffinerie beginnt die Industrialisierung

Curaçao liegt in unmittelbarer Nähe zu Venezuela, einem Land mit großen Erdölvorkommen. Im Gegensatz zum politisch instabilen Venezuela bot Curaçao als niederländische Kolonie zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine sichere Umgebung für eine Raffinerie. Die Shell-Raffinerie markierte im Jahr 1915 einen radikalen Wendepunkt in der Geschichte Curaçaos. Die Transformation von einer Handels- zu einer Industrieinsel brachte tiefgreifende wirtschaftliche, soziale und ökologische Veränderungen mit sich, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind.

Hinter der Juliana Autobahnbrücke sind Teile der Shell-Raffinerie zu erkennen, die für die jüngste Geschichte Curaçaos eine große Bedeutung hat / © Foto: Georg Berg
Hinter der Juliana Autobahnbrücke sind Teile der Shell-Raffinerie zu erkennen, die für die jüngste Geschichte Curaçaos eine große Bedeutung hat / © Foto: Georg Berg

Floating Market

Mit dem Ausbau der Raffinerie wandelte sich die Agrarstruktur Curaçaos, denn die zunehmende Industrialisierung führte zum Rückgang der landwirtschaftlich genutzten Flächen und einer verstärkten Abhängigkeit von Lebensmittelimporten. Als direkte Antwort entstand als einzigartiges Handelssystem der Floating Market. Händler aus Venezuela bringen seitdem frische Lebensmittel nach Curaçao und bilden einen wichtigen Gegenpol zu den Supermärkten. Heute sind die Verkaufsstände der venezolanischen Händler ein touristisches Highlight und als Verbindungsglied zu Venezuela ein wichtiger Teil der kulturellen Identität.

Händler aus Venezuela bringen ihre frischen Produkte per Boot zum rund 70 Kilometer entfernten schwimmenden Markt in Willemstad und bieten sie dann an zahlreichen Marktständen auf einer Länge von 200 Metern an / © Foto: Georg Berg
Händler aus Venezuela bringen ihre frischen Produkte per Boot zum rund 70 Kilometer entfernten schwimmenden Markt in Willemstad und bieten sie dann an zahlreichen Marktständen auf einer Länge von 200 Metern an / © Foto: Georg Berg

Die Farben der Landesflagge

Bis 1984 wehte auf Curaçao die niederländische Flagge. Der Wunsch nach eigener Identität führte am 2. Juli 1984 zur Einführung der heutigen Flagge. Blau symbolisiert das karibische Meer und den Himmel, Gelb die Sonne. Die beiden Sterne stehen für die Hauptinsel und das unbewohnte Klein Curaçao. Ihre fünf Zacken repräsentieren die Kontinente, aus denen die Bewohner Curaçaos stammen.

Auf der Flagge Curaçaos trennt eine gelbe Linie das Blau des Meeres vom Blau des Himmels. Der große und der kleine Stern symbolisieren die große und die kleine Insel, die zusammen Curaçao bilden / © Foto: Georg Berg
Auf der Flagge Curaçaos trennt eine gelbe Linie das Blau des Meeres vom Blau des Himmels / © Foto: Georg Berg

Weitere Perspektiven auf Curaçao

Während Street Art auf verwitterten Wänden die Streetart-Szene Willemstads beleuchtet, porträtiert Swinging Old Lady von Curaçao die historische Königin Emma Brücke. Kulinarische Reise durch Curaçao erkundet die kreolisch-niederländische Fusionsküche und Curaçao: Insel voller Farben zeigt das charakteristische Farbspektrum der Karibikinsel.

Die Recherche wurde vom Curaçao Tourist Board unterstützt

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