Caspar David Friedrich in Dresden

Auf den Spuren von Caspar David Friedrich – das klingt nach einer etwas behäbigen Reiseempfehlung. Doch für das Jahr 2024 hat Sachsen die Spuren, die der bedeutendste Maler der Romantik in Dresden und Umgebung hinterlassen hat, zu einem fulminanten und abwechslungsreichen Kulturprogramm geschnürt. 2024 jährt sich zum 250. Mal der Geburtstag des Malers, der für seine Landschaftsbilder wie Kreidefelsen auf Rügen, Der Wanderer über dem Nebelmeer oder Zwei Männer in Betrachtung des Mondes weltberühmt wurde. In Dresden und Umgebung verbrachte er die längste und produktivste Zeit seines Lebens. Seine Werke sind Sehnsuchtsbilder, die die Menschen bis heute berühren. In den sozialen Medien werden seine Bilder geliked und geteilt. Dabei war Friedrich ein Slow Traveller und auch ein langsamer Maler. Die flüchtige Betrachtung seiner Bilder auf Instagram & Co. hätte ihm vermutlich nicht gefallen. Andererseits würde er sich über seine heutige Berühmtheit verwundert die Augen reiben. Denn Caspar David Friedrich starb krank, verarmt und beinahe vergessen. Seine Bilder erzählen von einer schicksalhaften Verbindung zwischen Mensch und Natur und sie verraten auch etwas über das Leben des Malers und die Zeit, in der er lebte.

Gemälde von Caspar David Friedrich, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, 1819/1820, Albertinum Dresden / © Foto: Georg Berg
Gemälde von Caspar David Friedrich, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, 1819/1820, Albertinum Dresden / © Foto: Georg Berg

Begegnungen mit CDF

Die Stadt Dresden und die Sächsische Schweiz bieten 2024 die Möglichkeit, Caspar David Friedrich, kurz CDF, auf vielfältige Weise zu begegnen und sich ein Bild vom Menschen und Künstler, seinen Inspirationsquellen und einer Zeit im Umbruch zu machen. Die Sonderausstellung Wo alles begann der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Albertinum und im Kupferstich-Kabinett im Residenzschloss ist der kulturelle Höhepunkt des Jubiläumsjahres. Flankiert wird das Ganze von Führungen und Workshops. Auf kuratierten Wanderwegen begegnet man den Motiven seiner Skizzen. Eine Felsformation im Elbsandsteingebirge, eine von Wind und Wetter verkrüppelte Kiefer, ein Felsblock, eine Klosterruine und vieles mehr hat CDF auf langen Wanderungen skizziert und oft erst Jahre später in seinem kargen Atelier bei Nordlicht in Gemälde integriert.

Fels mit Moos bewachsen auf dem Caspar-David-Friedrich Weg bei Krippen, Sächsische Schweiz. Der Fels findet sich in dem berühmten Gemälde Friedrichs  „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“, 1819 / © Foto: Georg Berg
Fels mit Moos bewachsen auf dem Caspar-David-Friedrich Weg bei Krippen, Sächsische Schweiz. Der Fels findet sich in dem berühmten Gemälde Friedrichs „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“, 1819 / © Foto: Georg Berg

Radikal subjektiv und präzise zugleich

Als Caspar David Friedrich 1798 von Kopenhagen nach Dresden kommt, findet er eine lebendige Kunstszene vor. Er gilt, wie man heute sagen würde, als gut vernetzt und bleibt doch ein Einzelgänger. Im Laufe der Jahre grenzt er sich immer mehr von seinen Kollegen ab. Traditionen und Vorbilder verlieren für ihn an Bedeutung. Er kommt aus der Mode, seine Bilder gelten als langweilig, als Dozent an der Dresdner Kunstakademie fasst er nie Fuß. Die Studenten finden ihn schwer verständlich und schreiben sich lieber bei anderen Lehrern ein. 1817 kritisiert sogar der einflussreiche Goethe Friedrich und die Malerei der Romantik. Doch er bleibt seiner Devise treu, dass der Künstler nur aus sich selbst heraus Bedeutendes schaffen kann. So hört CDF beim Malen in sich hinein, sieht die Bilder vor seinem inneren Auge und malt Landschaften, die es so gar nicht gibt, die aber aufgrund seiner Skizzen eine enorme Genauigkeit besitzen. Aus diesem Zusammenspiel von Subjektivität und Präzision gewinnen Werke wie der Wanderer über dem Nebelmeer, das Große Gehege oder die Böhmische Landschaft mit Milleschauer Berg ihre besondere Ausstrahlung.

Gemälde von Caspar David Friedrich, Das Große Gehege bei Dresden, 1832, Albertinum / © Foto: Georg Berg
Gemälde von Caspar David Friedrich, Das Große Gehege bei Dresden, 1832, Albertinum / © Foto: Georg Berg

Fast ein Geheimtipp. Eliasfriedhof in Dresden

1840 stirbt Caspar David Friedrich im Alter von 65 Jahren, nach zwei Schlaganfällen fast vollständig gelähmt, in Dresden. Sein Grab befindet sich auf dem Trinitatisfriedhof. Zum Jubiläumsjahr soll es neu gestaltet werden. Das ist auch dringend nötig. Bislang sieht sein Grab so aus, wie sein Leben endete. Armselig und vergessen. Der weitaus interessantere Friedhof in Bezug auf Caspar David Friedrich ist der Eliasfriedhof. Das umfangreiche und gut erhaltene Werk des Malers umfasst 150 Gemälde, aber auch 1.000 Zeichnungen, Aquarelle, Radierungen und Holzschnitte. Auf dem Eliasfriedhof stehen Grabsteine nach Entwürfen von Caspar David Friedrich. Es sind Auftragsarbeiten, die er als aus der Mode gekommener Künstler annehmen musste.

Volker Neumeister vom Förderverein Eliasfriedhof an einer Grabsäule nach dem Entwurf von Caspar David Friedrich. Hier das Grab von Dr Christian Ernst Ulrici, gstorben 1825. Volker Neumeister hält den Entwurf des Malers für ein Pfeilergrabmal mit Kreuz in gotischen Spitzbögen in der Hand / © Foto: Georg Berg
Volker Neumeister vom Förderverein Eliasfriedhof an einer Grabsäule nach dem Entwurf von Caspar David Friedrich. Hier das Grab von Dr. Christian Ernst Ulrici, gestorben 1825. Volker Neumeister hält den Entwurf des Malers für ein Pfeilergrabmal mit Kreuz in gotischen Spitzbögen in der Hand / © Foto: Georg Berg

Auf dem Eliasfriedhof in Dresden scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Seit der Schließung des barocken Camposanto 1876 wurden hier kaum Veränderungen vorgenommen. Grabsteine in großer Formenvielfalt erzählen von 200 Jahren Geschichte der Residenzstadt Dresden. Der Friedhof ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Der Förderverein bietet jedoch regelmäßig Führungen an. Insgesamt vier Grabsteine nach Entwürfen von Caspar David Friedrich sind hier erhalten.

Auf dem Eliasfriedhof in Dresden scheint die Zeit still zu stehen. Grabsteine in großer Formenvielfalt erzählen aus 200 Jahren Geschichte der Residenzstadt Dresden / © Foto: Georg Berg
Eliasfriedhof in Dresden. Grabsteine in großer Formenvielfalt erzählen aus 200 Jahren Geschichte der Residenzstadt Dresden / © Foto: Georg Berg

Albertinum und Kupferstich-Kabinett

2024 wird in ganz Deutschland ein Festivaljahr zu Ehren von Caspar David Friedrich stattfinden. Der Zyklus spannt sich von der Hamburger Kunsthalle über die Nationalgalerie Berlin bis zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Im Jahr 2025 folgt eine große Retrospektive im Metropolitan Museum in New York. Das Albertinum besitzt zahlreiche Meisterwerke des Romantikers, die in der Dauerausstellung ihren Platz haben. Für das Jubiläumsjahr werden die Gemälde aus dem eigenen Bestand in der Restaurierungswerkstatt auf ihren Zustand hin untersucht. Auf Leihgaben aus den USA oder Museen in Deutschland und Europa wird verzichtet. Der Aufwand wäre zu groß, auch mit Blick auf die Transportkosten und den ökologischen Fußabdruck. Für die rund 200 Jahre alten Bilder ist jede Reise ein Risiko. Die Kunst für kommende Generationen zu erhalten, steht über dem Wunsch, zu einem bestimmten Anlass eine große Show zu veranstalten.

Werk von Caspar David Friedrich, "Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer Berg" von 1808 zur kunsttechnologischen Untersuchung in der Restaurationswerkstatt des Albertinums in Dresden. Im Vorfeld der Sonderausstellung zum 250. Geburtstag des Malers werden alle Werke im Bestand des Albertinums begutachtet / © Foto: Georg Berg
Werk von Caspar David Friedrich, „Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer Berg“ von 1808 zur kunsttechnologischen Untersuchung in der Restaurierungswerkstatt des Albertinums. Im Vorfeld der Sonderausstellung zum 250. Geburtstag des Malers werden alle Werke im Bestand des Albertinums begutachtet / © Foto: Georg Berg
Im Restaurationsatelier Albertinum in Dresden. Detail des Rahmens und Rückwand der Originalleinwand "Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer Berg" von 1808 von Caspar David Friedrich. Proben der Leinwandfasern werden für eine kunsttechnologische Untersuchung aus dem Spannrahmen genommen. Untersuchung anlässlich der Sonderausstellung zum 250. Geburtstag des Malers 2024 / © Foto: Georg Berg
Kurator und Konservator Dr. Holger Birkholz und Konservatorin Maria Körber, Staatliche Kunstsammlungen Dresden betrachten „Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer Berg“ von 1808 von Caspar David Friedrich. Proben der Leinwandfasern werden für eine kunsttechnologische Untersuchung aus dem Spannrahmen genommen / © Foto: Georg Berg

Skizzen für das große Ganze

Um dem ganz eigenen Charakter von Friedrichs Bildern auf die Spur zu kommen, empfiehlt sich 2024 auch ein Besuch der Ausstellung im Kupferstich-Kabinett. Dort werden Zeichnungen und ein Skizzenbuch zu sehen sein, die aus konservatorischen Gründen nur für eine begrenzte Zeit dem Licht ausgesetzt werden können. Die Skizze ist der Teil von Friedrichs Werk, der zwischen Gemälde und Inspirationsquelle steht. Notizen und Markierungen auf den Skizzen verraten viel über seine Arbeitsweise.

Zwei Zeichnungen, Heiligkreuz Ruine bei Meißen von Caspar David Friedrich, im Kupferstichkabinett in Dresden. Hier werden 70 Zeichnungen und ein Skizzenbuch aufbewahrt. Zum 250. Geburtstag des Malers 2024 ist eine Sonderausstellung geplant / © Foto: Georg Berg
Zwei Zeichnungen, Heiligkreuz Ruine bei Meißen von Caspar David Friedrich, im Kupferstichkabinett in Dresden. Hier werden 70 Zeichnungen und ein Skizzenbuch aufbewahrt. Zum 250. Geburtstag des Malers 2024 ist eine Sonderausstellung geplant / © Foto: Georg Berg
Heiligkreuz Ruine bei Meißen. Die verfallene Klosteranlage diente auch als Motiv für Zeichnungen von Caspar David Friedrich / © Foto: Georg Berg
Heiligkreuz Ruine bei Meißen. Die verfallene Klosteranlage diente auch als Motiv für Zeichnungen von Caspar David Friedrich / © Foto: Georg Berg

Ist die Romantik wirklich romantisch?

Entgegen der landläufigen Meinung war die Epoche der Romantik nicht romantisch im heutigen Sinne. Die Romantiker hatten eine Vorliebe für das Dunkle und Abgründige, sahen sich in Opposition zum Bürgertum und verspotteten gern den Spießer. So leitet sich die Romantik vom Romanhaften ab und bezeichnet eine übertriebene, die Gefühle ansprechende Ausdrucksweise. Die Landschaft des Elbsandsteingebirges bot den Malern der Romantik eine eindrucksvolle Naturkulisse: düstere Klammen und bizarre Felsformationen bei Sonnenauf- und -untergang, mit Nebelschwaden und im Mondschein. Das alles ist auch 200 Jahre später noch zu bestaunen. Im Unterschied zu damals mit gut ausgebauten Wanderwegen, Einkehrmöglichkeiten und Fährverbindungen über die Elbe.

Nebel im Elbtal, Blick von Bad Schandau nach Krippen, Sächsische Schweiz. Ab Krippen startet der Caspar-David-Friedrich Wanderweg / © Foto: Georg Berg
Nebel im Elbtal, Blick von Bad Schandau nach Krippen, Sächsische Schweiz. Ab Krippen startet der Caspar-David-Friedrich Wanderweg / © Foto: Georg Berg
Utterwalder Felsentor. Elbsandsteingebirge. Nationalpark Sächsische Schweiz. Motiv und Inspirationsort des Malers Caspar David Friedrich im 19. Jahrhundert / © Foto: Georg Berg
Utterwalder Felsentor. Elbsandsteingebirge. Nationalpark Sächsische Schweiz. Motiv und Inspirationsort des Malers Caspar David Friedrich im 19. Jahrhundert / © Foto: Georg Berg

Malerweg und Caspar-David-Friedrich-Weg

Caspar David Friedrich reiste gemächlich zu Fuß. Kutschenfahrten, so heißt es, seien ihm zu schnell gewesen. Ein Slow Traveller im grauen Reisemantel, der stundenlang an einem Ort verweilen konnte, um detaillierte Skizzen anzufertigen. Zurück in seinem kargen, nach Norden ausgerichteten Atelier, fügte er seine Studien zu Landschaften zusammen. Sie konnten Weite zeigen und in die Ferne blicken oder Finsternis und Abgründe darstellen. Wer also als moderner Reisender für sich entdecken möchte, was bis heute den Reiz der Bilder Caspar David Friedrichs ausmacht, dem wird im Jahr seines 250. Geburtstages viel geboten, um getreu dem Motto des Malers nicht nur dem Aufmerksamkeit zu schenken, „was er vor sich sieht, sondern auch dem, was er in sich sieht“.

Kiefer und Berghang auf dem Caspar-David-Friedrich Wanderweg. Die Kiefer war ein Motiv, das der Maler in sein Skizzenbuch übertrug / © Foto: Georg Berg
Kiefer und Berghang auf dem Caspar-David-Friedrich Wanderweg. Die Kiefer ein Motiv, das der Maler in sein Skizzenbuch übertrug / © Foto: Georg Berg
Hinweisschilder Wanderwege in der Sächsischen Schweiz. Der Malerweg führt entlang einiger inspirierender Orte der Künstler der Romantik, wie Caspar David Friedrich / © Foto: Georg Berg
Hinweisschilder Wanderwege in der Sächsischen Schweiz. Der Malerweg führt entlang einiger inspirierender Orte der Künstler der Romantik, wie Caspar David Friedrich / © Foto: Georg Berg

Highlights 2024 Caspar David Friedrich in Dresden

Die Recherchereise wurde vor Ort unterstützt von der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen und Dresden Marketing GmbH

Reise Themen auf Tellerrand-Stories

Unsere Arbeitsweise zeichnet sich durch selbst erlebte, gut recherchierte Textarbeit und professionelle, lebendige Fotografie aus. Für alle Geschichten gilt, dass Reiseeindrücke und Fotos am selben Ort entstehen. So ergänzen und stützen die Fotos das Gelesene und tragen es weiter.

Nie mehr neue Tellerrand-Stories verpassen! Mithilfe eines Feed-Readers lassen sich die Information über neue Blogartikel in Echtzeit abonnieren Mithilfe eines Feed-Readers lassen sich alle Geschichten über den Tellerrand in Echtzeit abonnieren.

Dieser Beitrag enthält Werbelinks (auch Affiliate- oder Provisions-Links genannt), die zu Vermittlern von Waren oder Dienstleistungen führen.

Permalink der Originalversion: https://tellerrandstories.de/caspar-david-friedrich-anniversary
Optimiert durch Optimole