Poitiers, eine der ältesten Städte Frankreichs, verbindet romanische und mittelalterliche Geschichte mit beeindruckender Architektur und jungem Studentenflair. Zwischen Paris und Bordeaux gelegen, bleibt die Stadt oft unbemerkt – zu Unrecht. Poitiers gehört auf jede Bucketlist: Geschichts- und Kulturfreunde begeistert die einstige Machtzentrale des Mittelalters mit ihren Kunstmuseen und der lebendigen Gastronomie. Von hier starten Ausflüge ins Umland, und wer lieber in die Zukunft blickt als durch die Vergangenheit spaziert, besucht die multimediale Erlebniswelt Futuroscope.

Alter Kern – Junges Herz
Poitiers ist auch eine der ältesten Universitätsstädte Frankreichs. Fast jeder zweite Bewohner ist jünger als 30 – das bringt Schwung und ein internationales Flair. In der historischen Altstadt pulsiert das Leben in Gastronomie und Handel. So kann man im Palast der Grafen, den frei zugänglichen Saal der verlorenen Schritte durchschreiten, dabei dem Klang der eigenen Schritte lauschen und danach auf dem belebten und von Cafés gesäumten Place Jeanne d’Arc eine Pause einlegen.


Kult-Restaurant Chez Cul de Paille
Ohne Reservierung wird es schwierig, einen der Strohhocker im Chez Cul de Paille zu ergattern. Das Restaurant aus dem Jahr 1843 genießt in Poitiers Kultstatus. Seinen Namen, Strohhintern, verdankt es den Hockern mit Sitzflächen aus geflochtenem Stroh. Doch die eigentliche Attraktion sind die Kritzeleien an den Wänden. Bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich als Signaturen berühmter Persönlichkeiten: Künstler, Sänger und Schauspieler wie Arletty, Georges Brassens, Claude François, Jean Marais, Charles Aznavour, Manitas de Plata, Jeanne Sourza, Yves Montand, Jacques Brel oder Coluche haben sich hier verewigt. Damit Gäste im Wirrwarr der Unterschriften den Überblick behalten, bietet das Chez Cul der Paille sogar einen Lageplan an.

Auf der Speisekarte stehen saisonale, kreative französische Gerichte mit kleinen Vorspeisen und Desserts zum Teilen. Die Hautgänge mit frischen und regionalen Zutaten wechseln regelmäßig. Zum Dessert gibt es hausgemachte Klassiker wie Mousse au Chocolat oder Tarte mit Fromage blanc und Limette. Im Cul de Paille können die Gäste in den Weinkeller steigen und sich aus den beschrifteten Regalen ihren Tischwein aussuchen. Den Wein bringt man mit an den Tisch, wo ihn das Personal öffnet.

Femme Fatale Eleonore von Aquitanien
Eleonore von Aquitanien machte Poitiers, die Hauptstadt von Aquitanien, zu einem Machtzentrum. Sie war die Femme Fatale des europäischen Mittelalters: Herzogin von Aquitanien aus eigenem Recht, Königin von Frankreich und später von England durch Heirat, Mutter der englischen Könige Richard Löwenherz und Johann Ohneland. Von Eleonore von Aquitanien, die als durchsetzungsstark galt und zeitlebens die Unabhängigkeit des Herzogtums Aquitanien verteidigte, erzählen in Poitiers vor allem die monumentalen Bauwerke. Besucher können eine Eleonore-von-Aquitanien-Tour buchen. Dieser Rundgang führt zu historischen und kulturellen Orten, die eng mit ihrem Leben verbunden sind: die Kathedrale Saint-Pierre, die Kirche Notre-Dame-la-Grande, der Grafenpalast, das Rathaus und der beeindruckende Salle des Pas Perdus.

Baptisterium und Brutalismus
Das Baptisterium von Poitiers zählt zu den ältesten christlichen Bauwerken des Westens. Es entstand im 4. Jahrhundert und wurde bis ins 11. Jahrhundert mehrfach umgestaltet. 1834 entging es knapp dem Abriss und steht heute unter Denkmalschutz. Besonders eindrucksvoll sind die romanischen Wandmalereien im Taufraum und das alte achteckige Becken, das einst für Taufen durch Untertauchen diente. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es auch zweckentfremdet und für das Gießen von Glocken genutzt.

Das Musée Saint-Croix erhielt 1974 eine Auszeichnung für seine Brutalismus-Architektur, die mit dem Einsatz von Sichtbeton, klaren Linien und einfachen geometrischen Formen arbeitet. Das Museum zeigt eine breite Palette an Dauer- und Wechselausstellungen zu Kunst und Geschichte. In der Abteilung für bildende Kunst finden sich Werke vom 14. bis zum 20. Jahrhundert, darunter Arbeiten von Camille Claudel, Auguste Rodin, Gustave Moreau und James Pradier.

Blick in die Zukunft: Futuroscope
Seit 1987 zeigt das Futuroscope die Medientechnologien von morgen. Im Mittelpunkt stehen immersives Kino, Virtual-Reality-Erlebnisse, 4D-Abenteuer und modernste Spezialeffekte. Die Architektur und Attraktionen wirken futuristisch und experimentell. Jedes Kino steckt in einer individuellen, futuristischen Hülle. Innen tauchen Besucher in virtuelle Welten ein, oft mit wissenschaftlichem oder technischem Schwerpunkt. Der Park verbindet Unterhaltung mit Wissensvermittlung und hebt sich deutlich vom klassischen Freizeitpark ab. 2022 gewann das Futuroscope bei den internationalen ParkWorld Excellence Awards drei Preise.

Ausflug nach Chauvigny
Gleich fünf Burgruinen bietet der kleine Ort Chauvigny etwa 25 Kilomenter östlich von Poitiers. Die mittelalterliche Skyline hat man bei einer Draisinen-Fahrt auf der alten Eisenbahnstrecke besonders gut im Blick. Die Oberstadt von Chauvigny bietet eine außergewöhnliche Dichte an Burgruinen, eingebettet in charmante Gassen. Die Ruinen dienen heute verschiedenen Zwecken, darunter Greifvogelshows und Escape-Games. Jedes Jahr Ende August findet in Chauvigny ein Mittelalterfest statt.

Idylle am Stadtrand: Hotel Domaine de l’Ecorcerie
Aus dem Haus ihrer Großeltern formten Axelle Favre, ihre Schwester und ihre Mutter das Boutiquehotel Domaine de L’Ecorcerie. Umgeben von Wiesen und Wald bietet es einen perfekten Rückzugsort. Von der Terrasse schweift der Blick über eine Koppel. Die Pferde stehen dicht aneinander unter einer großen Kiefer, ab und zu schnaufen sie, sonst herrscht Stille – wunderbar. Ebenso wunderbar ist das Frühstück aus regionalen Zutaten. Brot und Gebäck liefert eine Traditionsbäckerei aus dem nahen Saint Bernois, das Rührei wird frisch zubereitet, die Marmeladen sind hausgemacht. Axelle legt großen Wert auf Nachhaltigkeit – seit Kurzem trägt das Haus ein Ecolabel. „Wir fühlen uns nicht wie ein Hotel“, sagt sie, „und setzen uns auch gern zu unseren Gästen auf einen Drink. “

Highlights in Nouvelle-Aquitaine
Die Charente windet sich auf 380 Kilometern durch die französische Region Nouvelle-Aquitaine. Ihr Lauf führt vom bergigen Quellgebiet über sanfte Hügel und Weinberge bis zu den maritimen Auen an der Mündung. Ab Angoulême ist der Fluss bis zum Atlantik bei Rochefort schiffbar. Einst diente er als Hauptverkehrsweg für die Cognacproduktion. Heute laden Cognac-Häuser und Winzer zum Spiritourismus ein, während Radwege wie der Flow Vélo an malerischen Dörfern, alten Steinbrücken, einer seltenen Schwebefähre, Wassermühlen, Burgen und der Altstadt von Angoulême vorbeiführen. Die Charente gilt noch als Geheimtipp, gehört sie doch zu den ursprünglichsten Flusslandschaften Frankreichs: kaum Massentourismus, dafür viel Natur, Ruhe und Genuss. Die kleine Insel Aix war einst ein Bollwerk zum Schutz der Charente-Mündung vor feindlichen Flotten, heute beliebt für einen Tagesausflug ans Meer. Auch abseits der Charente gibt es in Nouvelle-Aquitaine viel zu entdecken. Die Stadt Poitiers auf halber Strecke zwischen Paris und Bordeaux war Machtzentrale des Mittelalters und bietet mit dem Freizeitpark Futuroscope immersives Kino.
Die Recherchereise wurde von Nouvelle-Aquitaine Tourismus und Visit Poitiers unterstützt