HR Giger und das Alien im Schloss

HR Giger, der schweizerische Maler und Surrealist starb vor 10 Jahren am 12. Mai 2014 infolge eines Treppensturzes. Seine düsteren Albtraumwelten leben jedoch weiter, sowohl in Filmen wie Alien, Dune oder Poltergeist als auch im HR Giger Museum, das er 1998 in Gruyères gründete.

Das mittelalterliche Städtchen Gruyères, mit Schloss Greyerz, liegt im Kanton Freiburg auf einem Hügel am Fuß der Voralpen. Der Ort ist autofrei, verfügt über vier Museen und wurde 2021 von der UNWTO mit dem Titel „Best Tourism Villages“ ausgezeichnet / © Foto: Georg Berg
Das mittelalterliche Städtchen Gruyères wurde 2021 von der Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) mit dem Titel Best Tourism Villages ausgezeichnet / © Foto: Georg Berg

Der Kontrast könnte größer nicht sein, denn das mittelalterliche Städtchen Gruyères liegt in lieblicher Landschaft auf einem Hügel am Rande der Voralpen Es ist ein winziger Ort, der überraschend viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Gruyères gibt dem bekannten Gruyerzkäse seinen Namen, Gruyères hat zwei Schlösser, vier Museen und jede Menge Restaurants. Gruyères ist autofrei, doch aufgrund der vielen Attraktionen gibt es große Parkplätze auf dem Weg hoch zum Ort. Im Schloss St. Germain ist jeder Winkel gefüllt mit den morbiden und oft verstörenden Kreaturen des Malers Hans-Ruedi Giger. Für Science-Fiction-Fans ist der Besuch ein Muss, für alle anderen eher eine Mutprobe.

Eingang zum Museum HR Giger im Schloss St. Germain in Gruyères rechts. Im Haus links ist seit 2003 die Giger Bar untergebracht. Die Bar ist komplett in einem elfenbeinfarbenen Alien-Look gestaltet. Die Gäste sitzen auf Hakoonen-Sesseln und unter der Gewölbedecke spannen sich skelettierte Wirbelsäulen / © Foto: Georg Berg
Eingang zum Museum HR Giger im Schloss St. Germain in Gruyères rechts. Im Haus links ist seit 2003 die Giger Bar untergebracht. Gäste sitzen hier auf Hakoonen-Sesseln und unter der Gewölbedecke spannen sich skelettierte Wirbelsäulen / © Foto: Georg Berg

Düstere Innenansichten

Wagt man sich in das H.R. Giger Museum, wird man zunächst von Personal in schwarzem Outfit begrüßt. Es sind, soviel steht fest, die mit Abstand freundlichsten Wesen im ganzen Haus. Danach wird es düster und man taucht ein in die morbide Welt des Hans-Ruedi Giger. Seine Themen sind Geburt, Leiden, Gewalt, Krieg, Angst und Tod. Anfang der 1970er Jahre entdeckt Giger die Airbrushtechnik für sich und es entstehen erste maschinenartige Lebewesen und biomechanische Landschaften. Die Biomechanoiden und später die Erotomechanics werden sein Markenzeichen. Die Erfindung des Alien für den gleichnamigen Science-Fiction-Film von Ridley Scott aus dem Jahr 1979 wird sein größter Erfolg und bringt ihm weltweiten Ruhm und einen Oscar ein.

H.R. Giger aus der Serie Biomechanoid, Dauerausstellung im HR Giger Museum, Schloss St. Germain in Gruyères / © Foto: Georg Berg
H.R. Giger aus der Serie Biomechanoid, Dauerausstellung im HR Giger Museum, Schloss St. Germain in Gruyères / © Foto: Georg Berg
Museum HR Giger in Gruyeres. Seit 1998 sind in dem Museum eine Vielzahl von Gigers wichtigsten Werken aus den verschiedenen Schaffensperioden ausgestellt (Biomechanoid, Erotomechanics). Neben Schlüsselwerken wie „The Spell“ und „Passagen“ finden sich auch viele Werke aus dem Film-Design. Unter anderem „Alien“ und „Alien 3“, „Dune“, „Species“, „Poltergeist 2“ oder „The Mystery of San Gottardo“ / © Foto: Georg Berg
Museum HR Giger in Gruyeres. Seit 1998 sind in dem Museum eine Vielzahl von Gigers wichtigsten Werken aus den verschiedenen Schaffensperioden ausgestellt (Biomechanoid, Erotomechanics) / © Foto: Georg Berg

Biomechanioide Objekte

Mich treffen die düsteren Welten im Schloss St. Germain völlig unvorbereitet. Weder kannte ich die Werke des Künstlers, noch hatte ich jemals den Film Alien gesehen. Die erste Etage des Museums ist dem Film Alien und einigen Gemäldezyklen gewidmet. Der schwarze Boden ist mit dem Muster von Gigers biomechanischer Matrix bedeckt. An den Wänden hängen unzählige Variationen der Verschmelzung von Fleisch und Maschine. Es gibt gusseinserne Wesen, meistens überschlanke Frauenfiguren mit Penisköpfen und großen Brüsten, die von Maschinen umgeben sind und von Schläuchen durchdrungen werden. Für mich ist dieser Anblick schwer zu ertragen und die Erklärung zur Rolle der Frau in Gigers Werk, die ich im Museumsflyer lesen kann, macht es nicht besser. Dort heißt es: „Die Rolle der Frau in seinen Werken ist überragend, sie repräsentiert die spirituelle und göttliche Seite der Welt von HR Giger. Er malt sie als Mutter, Göttin, Verführerin und Objekte der Versuchung, die in diesem Universum eine fast absolute Macht besitzen.“ Ich bezweifle, dass die Darstellung der Frau in Gigers Werk dazu beiträgt, die Machtverhältnisse in unserem Universum zugunsten der Frauen zu verändern. So ist mir das liebste Werk der Ausstellung das Bild Salad von Till Novak. Es zeigt ein aus Gemüse zusammengesetztes Alien im Stil von Giuseppe Arcimboldo, das auf ein Stück Fleisch schaut. Das hat Humor!

Museum HR Giger in Gruyeres. Seit 1998 sind in dem Museum eine Vielzahl von Gigers wichtigsten Werken aus den verschiedenen Schaffensperioden (Biomechanoid, Erotomechanics) ausgestellt. Temporäre Ausstellungen anderer Künstler sind ebenfalls zu sehen. Hier im Stil von Giuseppe Arcimboldo ein Alien zusammengesetzt aus Gemüse / © Foto: Georg Berg
Interpretation von Gigers Alien. Motiv Salad von Till Novak, Teil einer Sonderausstellung anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des HR Giger Museums 2023 / © Foto: Georg Berg

Giger: bizarr und erschreckend aktuell

Fällt es auch schwer, den animalisch-triebhaften und sexuell-aufgeladenen Botschaften in Gigers Bildern zu entkommen, gibt es doch eine zweite Ebene in seinen Werken. Mit seinen biomechanischen Wesen thematisiert er schon in den 1970er Jahren die schleichende technologische Durchdringung des Menschen. Angesichts der rasanten Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz ist sein Werk heute erschreckend aktuell. Die Definition von KI klingt genauso unheimlich wie Gigers biomechanoiden Wesen aussehen: Künstliche Intelligenz beschreibt die Fähigkeit von Maschinen, basierend auf Algorithmen, Aufgaben selbstständig auszuführen. Dabei werden die Problemlösungs- und Entscheidungsfähigkeiten des menschlichen Verstandes nachgeahmt. (Definition KI auf der Webseite der Bundesregierung Deutschland).

Portrait des jungen Hans-Ruedi Giger auf einer Staffelei im Museum HR Giger in Gruyères. Für seine Mitwirkung an Alien erhielt Giger 1980 einen Oscar / © Foto: Georg Berg
Portrait des jungen Hans-Ruedi Giger auf einer Staffelei im Museum HR Giger in Gruyères. Für seine Mitwirkung an Alien erhielt Giger 1980 einen Oscar / © Foto: Georg Berg

Fazit: Für Science-Fiction Fans, Cineasten und Gothic-Anhänger starb 2014 ein genialer Surrealist. Gigers Oscar-Auszeichnung für den Film Alien machte ihn weltberühmt, doch in der Kunstwelt verlor er dadurch an Akzeptanz. Mit dem Giger-Museum in Gruyères setzte er sich selbst ein Denkmal. Sogar seine Grabplatte trägt das Design der biomechanischen Matrix, die auch im Museum auf Schritt und Tritt präsent ist. Ohne Vorwissen über den Künstler und sein Werk gleicht der Besuch des Museums einer Fahrt durch eine Geisterbahn. Mein Tipp: Vorher den Film Alien schauen und nicht wie ich erst danach.

Grabplatte HR Giger, 1940 bis 2014 auf dem Friedhof von Gruyères. Der schwarze Granitstein trägt ein Motiv aus der Serie Biomechanoid, Biomechanical Matrix / © Foto: Georg Berg
Grabplatte HR Giger, 1940 bis 2014 auf dem Friedhof von Gruyères. Der schwarze Granitstein trägt ein Motiv aus der Serie Biomechanoid, Biomechanical Matrix / © Foto: Georg Berg

Was gibt es noch in Gruyères zu entdecken?

Wer sich mehr für Geschichte als für Fiktion interessiert ist im Schloss Greyerz genau richtig. Seit dem 13. Jahrhundert trohnt es am höchsten Punkt des kleinen Ortes und ist heute ein Museum. Fantastische Geschichten finden sich auch hier, denn das Greyerzerland ist reich an Legenden, wie der über die schöne Luzia, den lahmen Hans oder die mutigen Greyerzerinnen, die ihre Ziegen als Waffe einsetzten. Dann gibt es noch das Tibet-Museum des Sammlers Alain Bordier und am Fuße des Ortes eine Schaukäserei. Die größte Anziehung üben sicherlich die vielen Restaurants entlang der pittoresken Dorfstraße aus. Hier gibt es die bekannten Spezialitäten der Region, allen voran das Käse-Fondue. Aber es werden auch Rösti oder Meringue mit Doppelrahm angeboten. Im September und Oktober zum Ende der Sömmerung und der Alpabzüge bekommt man sogar ein traditionelles Kilbi-Menü.

Hauptstraße der mittelalterlichen Stadt Gruyères mit vielen Restaurants, in denen die Spezialität Käsefondue Moité-Moité angeboten werden. Schloss St. Germain und Schloss Gryerz liegen in hinteren Teil des kleinen Ortes, der 2021 von der UNWTO mit dem Titel „Best Tourism Villages“ ausgezeichnet / © Foto: Georg Berg
Hauptstraße der mittelalterlichen Stadt Gruyères mit vielen Restaurants, in denen das Käsefondue Moité-Moité angeboten wird. Schloss St. Germain und Schloss Gryerz liegen am Ende der Straße / © Foto: Georg Berg

Die Recherche wurde vom Freiburger Tourismusverband unterstützt

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