HR Giger, der schweizerische Maler und Surrealist starb vor 10 Jahren am 12. Mai 2014 infolge eines Treppensturzes. Seine düsteren Albtraumwelten leben jedoch weiter, sowohl in Filmen wie Alien, Dune oder Poltergeist als auch im HR Giger Museum, das er 1998 in Gruyères gründete.
Der Kontrast könnte größer nicht sein, denn das mittelalterliche Städtchen Gruyères liegt in lieblicher Landschaft auf einem Hügel am Rande der Voralpen Es ist ein winziger Ort, der überraschend viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Gruyères gibt dem bekannten Gruyerzkäse seinen Namen, Gruyères hat zwei Schlösser, vier Museen und jede Menge Restaurants. Gruyères ist autofrei, doch aufgrund der vielen Attraktionen gibt es große Parkplätze auf dem Weg hoch zum Ort. Im Schloss St. Germain ist jeder Winkel gefüllt mit den morbiden und oft verstörenden Kreaturen des Malers Hans-Ruedi Giger. Für Science-Fiction-Fans ist der Besuch ein Muss, für alle anderen eher eine Mutprobe.
Düstere Innenansichten
Wagt man sich in das H.R. Giger Museum, wird man zunächst von Personal in schwarzem Outfit begrüßt. Es sind, soviel steht fest, die mit Abstand freundlichsten Wesen im ganzen Haus. Danach wird es düster und man taucht ein in die morbide Welt des Hans-Ruedi Giger. Seine Themen sind Geburt, Leiden, Gewalt, Krieg, Angst und Tod. Anfang der 1970er Jahre entdeckt Giger die Airbrushtechnik für sich und es entstehen erste maschinenartige Lebewesen und biomechanische Landschaften. Die Biomechanoiden und später die Erotomechanics werden sein Markenzeichen. Die Erfindung des Alien für den gleichnamigen Science-Fiction-Film von Ridley Scott aus dem Jahr 1979 wird sein größter Erfolg und bringt ihm weltweiten Ruhm und einen Oscar ein.
Biomechanioide Objekte
Mich treffen die düsteren Welten im Schloss St. Germain völlig unvorbereitet. Weder kannte ich die Werke des Künstlers, noch hatte ich jemals den Film Alien gesehen. Die erste Etage des Museums ist dem Film Alien und einigen Gemäldezyklen gewidmet. Der schwarze Boden ist mit dem Muster von Gigers biomechanischer Matrix bedeckt. An den Wänden hängen unzählige Variationen der Verschmelzung von Fleisch und Maschine. Es gibt gusseinserne Wesen, meistens überschlanke Frauenfiguren mit Penisköpfen und großen Brüsten, die von Maschinen umgeben sind und von Schläuchen durchdrungen werden. Für mich ist dieser Anblick schwer zu ertragen und die Erklärung zur Rolle der Frau in Gigers Werk, die ich im Museumsflyer lesen kann, macht es nicht besser. Dort heißt es: „Die Rolle der Frau in seinen Werken ist überragend, sie repräsentiert die spirituelle und göttliche Seite der Welt von HR Giger. Er malt sie als Mutter, Göttin, Verführerin und Objekte der Versuchung, die in diesem Universum eine fast absolute Macht besitzen.“ Ich bezweifle, dass die Darstellung der Frau in Gigers Werk dazu beiträgt, die Machtverhältnisse in unserem Universum zugunsten der Frauen zu verändern. So ist mir das liebste Werk der Ausstellung das Bild Salad von Till Novak. Es zeigt ein aus Gemüse zusammengesetztes Alien im Stil von Giuseppe Arcimboldo, das auf ein Stück Fleisch schaut. Das hat Humor!
Giger: bizarr und erschreckend aktuell
Fällt es auch schwer, den animalisch-triebhaften und sexuell-aufgeladenen Botschaften in Gigers Bildern zu entkommen, gibt es doch eine zweite Ebene in seinen Werken. Mit seinen biomechanischen Wesen thematisiert er schon in den 1970er Jahren die schleichende technologische Durchdringung des Menschen. Angesichts der rasanten Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz ist sein Werk heute erschreckend aktuell. Die Definition von KI klingt genauso unheimlich wie Gigers biomechanoiden Wesen aussehen: Künstliche Intelligenz beschreibt die Fähigkeit von Maschinen, basierend auf Algorithmen, Aufgaben selbstständig auszuführen. Dabei werden die Problemlösungs- und Entscheidungsfähigkeiten des menschlichen Verstandes nachgeahmt. (Definition KI auf der Webseite der Bundesregierung Deutschland).
Fazit: Für Science-Fiction Fans, Cineasten und Gothic-Anhänger starb 2014 ein genialer Surrealist. Gigers Oscar-Auszeichnung für den Film Alien machte ihn weltberühmt, doch in der Kunstwelt verlor er dadurch an Akzeptanz. Mit dem Giger-Museum in Gruyères setzte er sich selbst ein Denkmal. Sogar seine Grabplatte trägt das Design der biomechanischen Matrix, die auch im Museum auf Schritt und Tritt präsent ist. Ohne Vorwissen über den Künstler und sein Werk gleicht der Besuch des Museums einer Fahrt durch eine Geisterbahn. Mein Tipp: Vorher den Film Alien schauen und nicht wie ich erst danach.
Was gibt es noch in Gruyères zu entdecken?
Wer sich mehr für Geschichte als für Fiktion interessiert ist im Schloss Greyerz genau richtig. Seit dem 13. Jahrhundert trohnt es am höchsten Punkt des kleinen Ortes und ist heute ein Museum. Fantastische Geschichten finden sich auch hier, denn das Greyerzerland ist reich an Legenden, wie der über die schöne Luzia, den lahmen Hans oder die mutigen Greyerzerinnen, die ihre Ziegen als Waffe einsetzten. Dann gibt es noch das Tibet-Museum des Sammlers Alain Bordier und am Fuße des Ortes eine Schaukäserei. Die größte Anziehung üben sicherlich die vielen Restaurants entlang der pittoresken Dorfstraße aus. Hier gibt es die bekannten Spezialitäten der Region, allen voran das Käse-Fondue. Aber es werden auch Rösti oder Meringue mit Doppelrahm angeboten. Im September und Oktober zum Ende der Sömmerung und der Alpabzüge bekommt man sogar ein traditionelles Kilbi-Menü.
Die Recherche wurde vom Freiburger Tourismusverband unterstützt