San Marino und der Monte Titano

In San Marino kann man sich auf den Wanderwegen kaum verlaufen. Nicht, weil es wenige gibt, sondern weil die drei Gipfel mit ihren imposanten Wehrtürmen stets den Weg weisen. Gegründet im Jahr 301 n. Chr. vom heiligen Marinus, gilt San Marino als älteste Republik der Welt. Der Zwergstaat, eine Enklave in Italien, umfasst 61 km² und zählt rund 33.000 Einwohner. Die Hauptstadt, ebenfalls San Marino genannt, thront auf dem 739 Meter hohen Monte Titano, dessen drei mittelalterliche Türme zum UNESCO-Welterbe gehören. Politisch bemerkenswert: Zwei Capitani Reggenti teilen sich jährlich die Regierung. Obwohl San Marino nicht zur EU gehört, nutzt es den Euro und lebt vom Tourismus sowie einem Outletcenter für Luxusmarken. Die Lage auf dem Berg, das mediterrane Klima und die autofreie Altstadt machen den Staat zu einem historischen Schatz. Zu den neueren Attraktionen von San Marino gehören gut ausgebaute Wanderwege.

Ausgangspunkt für Wanderungen in Borgo Maggiore und Blick auf die alte Straßenverbindung hoch nacn San Marino Stadt. Heute gibt es einen Seilbahn die beide Orte verbindet, früher war der Costa dell’Arnella die einzige Weg / © Foto: Georg Berg
Ausgangspunkt für Wanderungen in Borgo Maggiore / © Foto: Georg Berg

Auf dem Sentiero della Rupe

Der „Sentiero della Rupe“ zählt zu den beliebtesten Wanderwegen in San Marino. Der Rundweg führt an den drei Türmen der Republik vorbei und verwandelt sich dann in einen Klippenpfad, der entlang der steilen, felsigen Flanke des Monte Titano verläuft. Wer in der Altstadt startet, beginnt am ersten Turm, der Rocca Guaita. 

Blick aus einer Lucke im ersten Turm La Guaita auf den zweiten Turm La Cesta, San Marino / © Foto: Georg Berg
Blick aus einer Lucke im ersten Turm La Guaita auf den zweiten Turm La Cesta, San Marino / © Foto: Georg Berg

Von dort geht es über Steinstufen zur Via Pietro Rossi, wo der beschilderte Einstieg zum Sentiero della Rupe liegt. Die Rundweg führt über steile Passagen und Treppen. Alternativ kann man auch im tiefer gelegenen Borgo Maggiore starten. Immer wieder eröffnen sich Ausblicke auf die drei Gipfel San Marinos oder die weite Ebene.

Der Monte Titano ist ein Kalksteinrücken mit einer Höhe von 739 Metern. Der Wanderweg Rupe bietet Ausblicke auf die Türme von San Marino und die umliegende italienische Landschaft / © Foto: Georg Berg
Der Monte Titano ist ein Kalksteinrücken mit einer Höhe von 739 Metern / © Foto: Georg Berg

Die Route gilt als mittelschwer. Festes Schuhwerk ist unerlässlich, denn die felsigen Abschnitte sind oft rutschig. San Marino trägt nicht umsonst den Beinamen „Wolkenschloss“: Der Monte Titano ragt häufig als einzige Erhebung aus der Ebene und ist von Wolken, Regen oder Nebel umhüllt. Einige steile Stellen sind mit Seilen oder Treppen gesichert. Die Gehzeit für den Rundweg mit der Nummer 1 beträgt etwa 2,5 Stunden. Der Höhenunterschied beträgt 263 Meter.

Der Sentiero della Rupe verläuft am Felsgestein des Monte Titano entlang, teils durch waldige Abschnitte, teils mit Blick ins Tal oder auf einen der drei Türme von San Marino / © Foto: Georg Berg
Der Sentiero della Rupe verläuft am Felsgestein des Monte Titano entlang, teils durch waldige Abschnitte / © Foto: Georg Berg

Die Wanderung mit unserem Guide Sara Forcellini wird zum doppelten Vergnügen. Die San Marineserin ist Historikerin und Wanderführerin – eine fabelhafte Mischung. Auf dem Sentiero della Rupe erzählt sie uns nicht nur von der Vegetation und den Gesteinsschichten des Monte Titano, sondern auch von der Geschichte der ältesten Republik der Welt. Wir hören von Mythen, Wundern, Heiligen, glücklichen Wendungen und klugen Politikern, die dem Zwergstaat seit über 1700 Jahren die Eigenständigkeit sichern. 

Die Flagge mit dem Wappen von San Marino ist ein Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit. Es besteht aus einem blauen Schild mit drei grünen Bergen, drei silbernen Türmen, einer auf jedem Berg, jeder Turm ist mit einer silbernen Feder geschmückt. Das Motto Libertas, lateinisch für Freiheit, sowie einer Krone als Symbol für die ausgeübte Souveränität / © Foto: Georg Berg
Die Flagge San Marinos steht für Freiheit und Unabhängigkeit. Sie zeigt ein blaues Schild mit drei grünen Bergen, auf denen je ein silberner Turm thront. Jeder Turm trägt eine silberne Feder. Das lateinische Motto „Libertas“ (Freiheit) und eine Krone symbolisieren die Souveränität des Staates / © Foto: Georg Berg

San Marino und der Wille zur Unabhängigkeit

Die bekannteste Legende rankt sich um die Gründung San Marinos. Der Überlieferung nach floh der dalmatische Steinmetz Marinus im Jahr 301 n. Chr. auf den Monte Titano, um der Christenverfolgung zu entkommen. Dort gründete er eine christliche Gemeinschaft, die als Ursprung der heutigen Republik gilt. Vor seinem Tod im Jahr 366 soll Marinus die berühmten Worte gesprochen haben: „Relinquo vos liberos ab utroque homine“ (Ich lasse euch frei von beiden Menschen zurück). Mit diesen meinte er den Papst und den Vertreter weltlicher Macht. Marinus pflanzte der kleinen Gemeinschaft auf dem Monte Titano einen unerschütterlichen Willen zur Unabhängigkeit ein, die sogar Napoleons großzügige Landschenkungen zurückwies. 

Darstellung des Heiligen Marinus. Der dalmatische Steinmetz floh im Jahr 301 n. Chr. auf den Monte Titano, um der Christenverfolgung zu entkommen. Dort gründete er eine christliche Gemeinschaft, die als Ursprung der Republik San Marino gilt / © Foto: Georg Berg
Darstellung des Heiligen Marinus / © Foto: Georg Berg

Der heilige Marinus wurde übrigens nie von der katholischen Kirche heiliggesprochen. Die Bewohner San Marinos begannen irgendwann, ihn als Heiligen zu verehren, und verankerten dies im Namen ihrer Republik. Oder anders gesagt: San Marino ist die einzige Republik, die ein Heiliger gegründet hat.

Blick auf den imposanten Gipfel mit der Festung La Guaita und dem Umland. Der Monte Titano erhebt sich mit einer Höhe von 739 Metern inmitten einer Ebene. Die Republik San Marino soll der Legende nach im Jahre 301 n.Chr. durch den dalmatischen Steinmetz Marino gegründet worden sein. Sie gilt als die älteste Republik der Welt / © Foto: Georg Berg
Blick auf den imposanten Gipfel mit der Festung La Guaita und dem Umland / © Foto: Georg Berg

Bis in die 1920er Jahre war der Monte Titano fast vollständig kahl. Die arme Bevölkerung hatte über Jahrhunderte nahezu alle Bäume gefällt. Wanderführerin Sara Forcellini steht auf einem Felsvorsprung und deutet auf die Kiefern, die ein großes Wiederaufforstungsprojekt pflanzte, das damals vielen verarmten Bewohnern Arbeit gab.

Sentiero della Rupe (Klippenpfad) in San Marino ist ein beliebter Wanderweg, Die gesamte Wanderung dauert etwa 2,5 Stunden mit einer Höhendifferenz von 212 Metern / © Foto: Georg Berg
Sentiero della Rupe (Klippenpfad) in San Marino ist ein beliebter Wanderweg / © Foto: Georg Berg

Outdoor statt Outlet

Während der Corona-Pandemie entstanden rund um den Monte Titano neue Wanderwege. In dieser Zeit waren Outdoor-Aktivitäten gefragt, Shopping hingegen wurde gecancelt. Heute gibt es acht Hauptwanderwege. Der 42 Kilometer lange Fernwanderweg Camino del Titano verbindet alle diese Routen. Zudem existiert der Pilgerweg, den einst Republikgründer Marinus von Kroatien über das Adriatische Meer und von Rimini durch die Ebene bis auf den Monte Titano nahm. Auf diesen Wegen, versichert Sara Forcellini, kann man sich nicht verlaufen, denn die drei Türme von San Marino mit ihren Federn weisen stets den Weg. Wer den steilen Anstieg ab Borgo Maggiore meiden möchte, nimmt die Seilbahn und erreicht in nur drei Minuten das Ziel. Die alte Straße Costa dell’Arnella war früher der einzige Zugang für Menschen und Lastentiere zur Stadt. Sie ist so steil, dass Bauern vor dem Anstieg ihre Waren von Ochsen auf Esel umluden. Routenbeschreibungen zu den Wanderwegen rund um San Marino.

Eine Seilbahn überwindet in wenigen MInuten 338 Meter zwischen San Marino Zentrum und dem Ort Borgo Maggiore und bietet atemberaubende Ausblicke auf die Adriaküste, Ziegeldächer und Ackerland / © Foto: Georg Berg
Eine Seilbahn überwindet in wenigen MInuten 338 Meter zwischen San Marino Zentrum und dem Ort Borgo Maggiore und bietet atemberaubende Ausblicke auf die Adriaküste, Ziegeldächer und Ackerland / © Foto: Georg Berg

Zu den neueren Attraktionen von San Marino gehören gut ausgebaute Wanderwege. Der Rundweg „Sentiero della Rupe“ führt an den drei Türmen der Republik vorbei und verwandelt sich dann in einen Klippenpfad, der entlang der steilen, felsigen Flanke des Monte Titano verläuft. Egal, ob man nur durch die Altstadtgassen bummelt und immer wieder die Aussicht genießt oder eine ausgedehnte Wanderung zum Beispiel zu Eduardo Kobras abgelegenem Wandgemälde „Die Geschichte von San Marino“ unternimmt: Am Abend belohnen Restaurants wie das Cesare, La Terrazza oder Il Ghetto da Ottavio mit kulinarischen Spezialitäten. Ein Snack für zwischendurch ist mit Piadina schon gesetzt!

Die Recherche wurde von Visit San Marino unterstützt

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