Bestellt ein Salzburg-Tourist „Schnitzel with Noodles“ oder will unbedingt „Applestrudels“ essen, hat er sicher den Filmklassiker gesehen, der seit 60 Jahren das Bild der Alpenregion prägt. Er oder sie kommt wahrscheinlich aus den USA, Kanada, Japan oder Indien. In den USA gehört „The Sound of Music“ zur populären Allgemeinbildung. In Österreich, Deutschland und der Schweiz ist der Film bis heute nahezu unbekannt. Der Film von 1965 ist ein echtes Phänomen. Auf einer Wiese im kleinen Ort Werfen treffen wir, herausgefiltert aus dem großen Touristenstrom der Salzburg-Reisenden, auf das pure Destillat der Sound of Music-Setjetter. Wir begegnen Terry aus Los Angeles. Für sie gehört „Sound of Music“ neben „The Wizard of Oz“ zu ihren beiden Herzensfilmen. Ajala, die mit Ehemann und kleinem Sohn aus London angereist ist, hat die Leidenschaft für Sound of Music von ihrer Mutter geerbt, die den Film bereits über 100 Mal gesehen hat. Doch für alle Unwissenden aus dem deutschsprachigen Raum folgt vor der Spurensuche auf dem Sound of Music-Trail eine kleine Einordnung zur cineastischen Bedeutung von The Sound of Music.
5 Oscars für Maria
Die Musical-Romanze um die Trapp-Familie kam 1965 in die US-Kinos und gewann fünf Oscars. Mehr als eine Milliarde Zuschauer weltweit machten ihn zu einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Julie Andrews spielte in der Hauptrolle die musikalische Klosternovizin und Erzieherin Maria. Christopher Plummer verkörperte den verwitweten Baron von Trapp, der nach dem Tod seiner Frau dringend eine Betreuerin für seine sieben Kinder braucht. Der Film basiert auf einem Musical, das wiederum eine wahre Geschichte erzählt: Salzburg, Ende der 1930er Jahre. Die Erzieherin Maria, die eigentlich Nonne werden will, passt auf die Kinder des Witwers Baron von Trapp auf. Die Kinder sind begeistert von ihr, und auch von Trapp verliebt sich bald in die begabte Sängerin und Tänzerin. Inmitten der Idylle kommt es zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Als von Trapp sich weigert, in der Wehrmacht zu dienen, verfolgen ihn die Nazis. Die Familie flieht zu Fuß über die Berge nach Italien und siedelt über in die USA.
In Amerika ein Erfolg, in der Heimat ein Flop
Fast jeder Amerikaner kennt „The Sound of Music“, auch wenn er den Film nicht gesehen hat. Der Musikfilm ist in Amerika zur Weihnachtszeit so kultig wie in Deutschland „Der kleine Lord“ oder „Drei Nüsse für Aschenbrödel“. Gibt man „Sound of Music“ bei YouTube ein, erscheinen unzählige Videos, in denen Japanerinnen lachend durch den Park von Schloss Schönbrunn hüpfen, junge Amerikaner einen Flash-Mob zu „DO-RE-MI“ aufführen oder Mütter und Töchter sich mit ausgebreiteten Armen auf der Aussichtsanhöhe Gschwandtanger bei Werfen im Kreis drehen.
„The Sound of Music“ hat das Klischee von Deutschland, Österreich und der Schweiz weltweit geprägt – nur die Bewohner der Alpenländer bekommen diesen Hype nicht mit. In den deutschsprachigen Ländern war die Romanze ein Misserfolg. „Meine Lieder – meine Träume“, so der deutsche Titel, hatte niedrige Zuschauerzahlen und bekam schlechte Kritiken. Zudem konkurrierte der Film mit den erfolgreichen Heimatfilmen „Die Trapp-Familie“ von 1956 und „Die Trapp-Familie in Amerika“ von 1958. Bis heute kennen im deutschsprachigen Raum nur wenige Menschen die amerikanische Variante. Fast 50 Jahre lang erkannte auch Österreich das touristische Potenzial der Originaldrehorte nicht.
Salzburg kommt auf „Trapp“
Im Jahr 2015 wurde Robert Wise’s The Sound of Music 50 Jahre alt, und Lady Gaga sang bei der Oscar-Verleihung in Hollywood ein Medley der Filmsongs. Man kann davon ausgehen, dass die Stars im Publikum textsicher mitgesungen haben. Ungefähr zu dieser Zeit gaben die Salzburger ihre ignorante Haltung gegenüber dem seichten Film aus Amerika vollends auf. Filmtourismus wurde von einem Nischenprodukt zur umsatzstarken Sparte im weltweiten Reisegeschäft, und Salzburg zu einem der internationalen Topziele für Filmfans. Der Film ist Kult, und die Begeisterung für Alpenpanorama mit Familiendrama wird in Millionen Familien von Generation zu Generation weitergegeben. Wer das nicht glaubt, dem kann man nur einen Spaziergang auf dem Sound of Music-Trail in Werfen empfehlen.
Eine Wiese wird zum Sehnsuchtsort
Seit 2015 kann man in Werfen auf dem The Sound of Music-Trail zur Aussichtsanhöhe Gschwandtanger wandern. Es ist mehr Spaziergang als Wanderung: Vom Ortszentrum führt der Trail auf naturbelassenen Wegen zu einem der schönsten Aussichtsplätze von Werfen. Am Gschwandtanger drehte man eine der berühmtesten Szenen des Films . Maria bringt den Kindern bei einem Picknick das berühmte Lied „Do Re Mi“ bei. Im Hintergrund thront die 900 Jahre alte Burg Hohenwerfen. Der Weg bis zum Aussichtspunkt ist gut beschildert und mit Infotafeln ausgestattet. Diese Outdoor-Aktiviät ist mit einer Streckenlänge von 1,4 Kilometern nicht besonders anstrengend, aber auf jeden Fall herzerwärmend.
Filmtouristen im Salzburger Land
Als Reisegrund für einen Besuch in Salzburg schlägt The Sound of Music das Musikgenie Mozart und die Salzburger Festspiele um Längen. Touristische Angebote wie Souvenirs, Bus-Touren, Stadtführungen, Musical- und Dinner-Shows bedienen mittlerweile das Interesse an den originalen Drehorten. Das spüren auch die Bewohner von Werfen: Der kleine Ort im Pongau rund 40 Kilometer südlich von Salzburg hat 3.000 Einwohner und jedes Jahr kommen 300.000 Tagestouristen.
Die Setjetter aus aller Welt beginnen ihre Tour meist im Ortszentrum an der Burgschänke von Herbert Haas. Er kennt die Kinogeschichte seiner Region gut, denn auf Burg Hohenwerfen wurden zahlreiche internationale Produktionen wie The Man in the High Castle oder Agenten sterben einsam gedreht. Herbert Haas bestätigt die Zahlen aus Salzburg. Auch in Werfen kommen rund 10 Prozent aller Filmtouristen aus Amerika und Japan. Für diejenigen, die über Nacht bleiben bietet Herbert Haas Nachtwächter-Touren an. Doch die meisten zieht es direkt zu ihrem Sehnsuchtsort auf der Wiese am Gschwandtanger. Terry, die Amerikanerin aus Los Angeles, mit der wir uns so gut auf deutsch unterhalten haben, muss dann auch zurück zu ihrer Tochter, die bereits mit der Burg Hohenwerfen im Rücken die Tanzszene der Trapp-Familie nachspielt.
Eine Übersicht mit weiteren Drehorten von The Sound of Music in Salzburg gibt es hier. Für alle Setjetter empfehlen wir den Reiseblog filmtourismus.de von Andrea David. Sie hat über 500 Drehorte weltweit besucht. Ihre Spurensuche belegt sie stets mit einem originellen Bild im Bild-Schnappschuss. Natürlich war sie auch in Salzburg.
Salzburg ist auch die Stadt von Mozart. Bei einem Mozart City Walk trifft man auf Historisches und Heiteres. Salzburgs Klöster spielen nicht nur in Sound of Music eine Rolle. Salzburgs Klosterwelten, das sind auch Bier und Tradition im Mülln Kloster und Haubenküche im Stiftskulinarium und als das beliebteste Souvenir aus Salzburg darf die Mozartkugel nicht fehlen.
Die Recherche wurde unterstützt vom Tourismusverband SalzburgerLand