Kulinarische Rarität – Safran aus der Schweiz

Klaus Eyholzer hat es nicht weit, wenn der Tau auf seinen Safran-Blüten mit den ersten Sonnenstrahlen verdunstet ist. Er wohnt im Schweizer Kanton Wallis und züchtet die kostbaren Gewürzpflanzen in seinem Hausgarten. Die Südhänge unterhalb des kleinen Dorfes Mund hoch oben an den Südhängen des Rhône-Tals gelten bei Kennern als bestes Anbaugebiet für die anspruchsvollen Krokus-Pflanzen.

Crocus sativus. Über Nacht erscheint die Safranblüte und entfaltet sich am Tag. Die drei roten Narbenfäden sind das begehrte Safrangewürz / © Foto: Georg Berg
Crocus sativus. Über Nacht erscheint die Safranblüte und entfaltet sich am Tag. Die drei roten Narbenfäden sind das begehrte Safrangewürz / © Foto: Georg Berg

Die Safranpflanze gehört botanisch zu den Schwertlilien. Jede Blüte hat sechs lilaviolette Blütenblätter und gewöhnlich drei Narben. Nur diese werden nach der Ernte getrocknet und als Gewürz gehandelt. 130.000 Blüten müssen für ein Kilogramm der kulinarischen Kostbarkeit von Hand geerntet werden.

Heute wird wieder mitten im Dorf Safran angebaut / © Foto: Georg Berg
Heute wird wieder mitten im Dorf Safran angebaut / © Foto: Georg Berg

Die Safran-Tradition in Mund geht auf das 15. Jahrhundert zurück. Aber der Ursprung ist nicht genau überliefert. Mutmaßlich haben mittelalterliche Söldner trotz drohender Todesstrafe ein paar der kostbaren Safranknollen aus Spanien zurück in ihre abgelegene Heimat geschmuggelt.

Kleine Knolle als Zukunftsinvestition / © Foto: Georg Berg
Kleine Knolle als Zukunftsinvestition / © Foto: Georg Berg

Mit dem Safran sind die Einwohner, auf deren Äckern sonst Roggen angebaut wird, vorübergehend zu einem bescheidenen Wohlstand gekommen. Noch bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts konnte sich in Mund jede Familie selbst versorgen und von dem leben, was sie auf ihrem Land anbaut.

Die Safranernte geschieht in Handarbeit / © Foto: Georg Berg
Die Safranernte geschieht in Handarbeit / © Foto: Georg Berg

In Mund wird eine exzellente Safranqualität produziert, aber die maximale Ernte des begehrten Gewürzes beträgt zwei bis drei Kilogramm pro Jahr. Auch wenn der Preis in manchen Jahren an den Goldpreis herankommt, kann der Safrananbau nur einen kleinen Teil zum Lebensunterhalt der Safranzüchter beitragen.

Erst die Seilbahn, dann kam die Straße

Eine Serpentinenstraße windet sich durch die alten Safran-Äcker von Mund im Schweizer Kanton Wallis / © Foto: Georg Berg
Eine Serpentinenstraße windet sich durch die alten Safran-Äcker von Mund im Schweizer Kanton Wallis / © Foto: Georg Berg

Noch vor 70 Jahren war Mund verkehrstechnisch von der Außenwelt abgeschnitten. Eine Seilbahn hat das in 1.200 Meter Höhe gelegene Dorf erst 1951 mit dem geschäftigen Rhône-Tal verbunden. Bezeichnend ist auch, dass die Erschließungsstraße 1978 mitten durch die wertvollen Safranäcker gebaut wurde. Von ehemals 60 Äckern wurden beim Bau der Straße nur noch drei bewirtschaftet. Gerade noch rechtzeitig vor dem endgültigen Untergang der Safrantradition, hat sich eine Initiative zur ihrer Rettung gegründet.

Die Safran-Zunft

German Jossen ist Zunftmeister von Mund und ein kenntnisreicher Gesprächspartner. Auf dem Safran-Lehrpfad mit Angela Berg kommen auch die aktuellen Herausforderungen der Safran-Zunft zur Sprache / © Foto: Georg Berg
German Jossen ist Zunftmeister von Mund und ein kenntnisreicher Gesprächspartner. Auf dem Safran-Lehrpfad mit Angela Berg kommen auch die aktuellen Herausforderungen der Safran-Zunft zur Sprache / © Foto: Georg Berg

Die Renaissance des Munder Safrans beginnt 1979 mit der Gründung der Safran-Zunft, die heute 184 Mitglieder hat und auch Interessierte aufnimmt, die keine Safran-Parzelle selbst bewirtschaften. Im Vordergrund steht nicht mehr das kommerzielle Interesse, sondern die Pflege des lokalen Alleinstellungsmerkmals.

Die Safran-Äcker von Mund sind für Spaziergänger gut erreichbar. Streng verboten ist nur das Pflücken / © Foto: Georg Berg
Die Safran-Äcker von Mund sind für Spaziergänger gut erreichbar. Streng verboten ist nur das Pflücken / © Foto: Georg Berg

Dass die Safranernte in der touristischen Nebensaison stattfindet, liegt an der Laune dieses Liliengewächses. Denn erst Ende Oktober, wenn für alle übrigen Pflanzen die Winterruhe begonnen hat, kommt die kurze Zeit der Safranblüte. Das Klima im Wallis, die Höhenlage und die Bodenbeschaffenheit tragen dazu bei, dass sich der Safran in Mund so gut entwickeln kann. Den Sommer überdauert die Safranknolle in 20 Zentimeter Tiefe. Und das besonders gut, wenn auf demselben Acker in der Bodenschicht über der Knolle Roggen wächst. Das Roggenbrot hat im Kanton Wallis ebenfalls eine lange Tradition. Noch heute wird es in kommunalen Backhäusern von Dorfgemeinschaften gemeinsam gebacken.

Individuelle Erfolgsgeheimnisse

Elmar Pfammatter ist Kantonschemiker und hat gute Erfahrung mit dem Safran-Feld gemacht, das er seit Jahren nicht mehr beackert hat / © Foto: Georg Berg
Elmar Pfammatter ist Kantonschemiker und hat gute Erfahrung mit dem Safran-Feld gemacht, das er seit Jahren nicht mehr beackert hat / © Foto: Georg Berg

Heute beschäftigen sich in Mund wieder 80 Familien mit Safran und jede scheint ihr eigenes Geheimrezept zu haben. Die einen schwören darauf, dass im Sommer der Acker über den Knollen bearbeitet werden muss, andere wie Elmar Pfammatter haben mit dem Gegenteil die besten Erfahrungen gemacht. Mit der Ernte auf seinem unbearbeiteten Acker ist er sehr zufrieden.

Vor einigen Jahren wurde für die Munder Äcker eine aufwändige Bewässerungsanlage installiert, die aber von denen nicht genutzt wird, die auf das natürliche Klima mit abwechselnd Regen, Sonnenschein und lauen Nebeln schwören.

Die für das Wallis typischen Schwarznasenschafe. Ob ihr getrockneter Mist wohl der beste Safran-Dünger ist? / © Foto: Georg Berg
Die für das Wallis typischen Schwarznasenschafe. Ob ihr getrockneter Mist wohl der beste Safran-Dünger ist? / © Foto: Georg Berg

Auch dass die Knollen mindestens 20 Zentimeter tief im Boden liegen müssen, scheint kein Gesetz mehr zu sein, denn die nicht so tief gepflanzten blühen früher und bekommen vor der Ernte mehr Sonne ab. Auf der Suche nach der wesentlichen Grundvoraussetzung für das Safran-Wunder glaubt man, bei der lockeren, feinsandigen und mageren Bodenbeschaffenheit fündig geworden zu sein. Aber dann trifft man Safran-Bauern, die fest an eine wie auch immer geartete Düngung glauben.

Safran-Dorf Mund – Brauchtum und Geselligkeit

Hochzeit vor dem Safran-Museum. Als Geschenk gibt es ein Kalb und eine Kuh / © Foto: Georg Berg
Hochzeit vor dem Safran-Museum. Als Geschenk gibt es ein Kalb und eine Kuh / © Foto: Georg Berg

Das kleine Safranmuseum ist eines der ältesten dieser für das Wallis typischen Holzhäuser. Nachdem es lange als Zehnthaus gedient hat, in dem die Bauern ihre Steuer in Naturalien entrichten mussten, bietet es heute eine schöne Kulisse für Volksfeste und Familienfeiern. Zum Schutz gegen Mäuse steht es auf Stelzen, die mit tellerartigen Steinen gestapelt sind. Die Ausstellung und die sachkundige Führung vermitteln ein umfassendes Grundlagenwissen über die regionale Landwirtschaft.

Zunftschreiber Remigius Pfaffen führt durch die Ausstellung im Safran-Museum / © Foto: Georg Berg
Zunftschreiber Remigius Pfaffen führt durch die Ausstellung im Safran-Museum / © Foto: Georg Berg

Im Safranmuseum und bei einem geführten Gang durch das Dorf erlebt man anschaulich, wie gut sich historische Ereignisse mit erzählten Geschichten einordnen lassen. Remigius Pfaffen ist sowohl für die Safranzunft als auch für die Stiftung pro Safrandorf Mund tätig. Erst kürzlich hat die Stiftung das Wohnhaus des Fotografen Fridolin Imstepf erworben und mitsamt seiner historischen Fotosammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Remigius Pfaffen ist als Kind im selben Haus aufgewachsen und erinnert sich gut an die Persönlichkeit des Dorf-Fotografen Fridolin Imstepf / © Foto: Georg Berg
Remigius Pfaffen ist als Kind im selben Haus aufgewachsen und erinnert sich gut an die Persönlichkeit des Dorf-Fotografen Fridolin Imstepf / © Foto: Georg Berg

Safran – Produktion in Heimarbeit

Die Blüten werden bei der Ernte auf den Safran-Äckern so abgeknickt, dass kein Zug auf die tief im Boden sitzende Knolle ausgeübt wird. In kleinen Körbchen werden sie zur Weiterverarbeitung nach Hause mitgenommen.

Safran-Blüten werden in kleinen Körbchen gesammelt / © Foto: Georg Berg
Safran-Blüten werden in kleinen Körbchen gesammelt / © Foto: Georg Berg

Aus jeder Blüte werden drei rote Safran-Fäden gezupft. Zu schade, dass der farbenprächtige Rest meist auf dem Kompost landet.

Sorgfältig werden die drei roten Safran-Fäden vom wertlosen Teil der Blüte getrennt / © Foto: Georg Berg
Sorgfältig werden die drei roten Safran-Fäden vom wertlosen Teil der Blüte getrennt / © Foto: Georg Berg
Die Zahl der geernteten Blüten wird genau gezählt. An einem Tag zu Beginn der Erntezeit sind es 98 / © Foto: Georg Berg
Die Zahl der geernteten Blüten wird genau gezählt. An einem Tag zu Beginn der Erntezeit sind es 98 / © Foto: Georg Berg
Die Tagesausbeute wird im Haus getrocknet und verringert ihr Gewicht innerhalb eines Tages auf ein Drittel / © Foto: Georg Berg
Die Tagesausbeute wird im Haus getrocknet und verringert ihr Gewicht innerhalb eines Tages auf ein Drittel / © Foto: Georg Berg

Munder Safran – Teuer und schwer zu bekommen

Verkaufsschild für Safranprodukte aus Mund im Wallis / © Foto: Georg Berg
Verkaufsschild für Safranprodukte aus Mund im Wallis / © Foto: Georg Berg

In Mund wird seit je her eine exzellente Safran-Qualität produziert, die zum größten Teil von den lokalen Restaurants verbraucht wird. Auch wenn der Preis in manchen Jahren an den Goldpreis herankommt, ist Safran hier schnell ausverkauft.

Im Safran-Pilz-Risotto sind noch einige der roten Safran-Fäden zu erkennen / © Foto: Georg Berg
Im Safran-Pilz-Risotto sind noch einige der roten Safran-Fäden zu erkennen / © Foto: Georg Berg

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Die Recherchereise wurde teilweise von Schweiz Tourismus unterstützt

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