Papua Neuguinea: Bidens umstrittene Kannibalen-Anekdote

Eine Äußerung von US-Präsident Joe Biden hat in Papua Neuguinea für Empörung gesorgt. Biden erzählte eine Anekdote über seinen angeblich von Kannibalen verspeisten Onkel aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania sagte er: „Er wurde über Neuguinea abgeschossen, und man hat seine Leiche nie gefunden, weil es in diesem Teil von Neuguinea wirklich viele Kannibalen gab.“ Doch diese Geschichte stellte sich kurz darauf als Legende heraus.

James Marape, der Regierungschef des Pazifikstaates, wies die Anekdote über den verspeisten Onkel umgehend zurück. Tatsächlich stürzte Bidens Onkel Ambrose Finnegan 1944 über den Gewässern Papua Neuguineas mit einem Flugzeug ab. Seitdem fehlt von dem Flugzeug und den Besatzungsmitgliedern jede Spur.

Ein Funken Wahrheit im Klischee?

Simon Tewson bei der Kontaktaufnahme mit den Bewohnern der Insel Panasia / © Foto: Georg Berg
Simon Tewson bei der Kontaktaufnahme mit den Bewohnern der Insel Panasia / © Foto: Georg Berg

Dieses diplomatische Scharmützel bedeutet jedoch nicht, dass das Klischee falsch ist und es auf Papua Neuguinea keinerlei Kannibalismus mehr gibt. Während meiner Reise nach Papua Neuguinea im Jahr 2019 erzählte mir unser Guide Simon Tewson eine unglaubliche Geschichte. Er unterhielt sich in der Landessprache mit einem Gesprächspartner über Kannibalismus und meinte, dass dies doch schon lange vorbei sein müsse. Sein Gegenüber bestätigte ihm, dass er seit über 30 Jahren keinen Menschen mehr gegessen habe. Wie bitte?

Am Fuß der Kaverne mischt sich Meerwasser mit frischem Regenwasser, das als Trinkwasser in einem Behälter gesammelt wird / © Foto: Georg Berg
Am Fuß der Kaverne mischt sich Meerwasser mit frischem Regenwasser, das als Trinkwasser in einem Behälter gesammelt wird / © Foto: Georg Berg

Diese Geschichte erzählte er mir auf der Insel Panasia, wo nur wenige Familien leben. Das Trinkwasser wird dort in unterirdischen Kavernen gesammelt und Obst und Gemüse sind knapp. Nicht jedes Jahr reichen die Nahrungsmittel für alle. Vor nicht allzu langer Zeit führten solche Lebensbedingungen zu Raubzügen auf Nachbarinseln. Weit verbreitet war der Glaube, dass man sich durch das Verspeisen der getöteten Feinde deren Kräfte einverleiben konnte.

Auf den Spuren der letzten Kannibalen

Auf der unbewohnten Insel Pana Wara Wara sind Wege mit Palmwedeln gedeckt / © Foto: Georg Berg
Auf der unbewohnten Insel Pana Vara Vara sind Wege mit Palmwedeln gedeckt / © Foto: Georg Berg

Wir wurden eingeladen, gemeinsam zur unbewohnten Nachbarinsel Pana Vara Vara zu fahren, wo es noch Überreste einer Kultstätte gibt. Durch dichten Urwald führte ein mit Palmwedeln bedeckter Weg zu einer Höhle, in der wir Kochtöpfe und eine größere Anzahl menschlicher Knochen fanden.

Kannibalenhöhle auf Pana Wara Wara. Der einheimische John führt uns durch steinige Gemüsefelder zu einer unscheinbaren Höhle / © Foto: Georg Berg
Kannibalenhöhle auf Pana Wara Wara. Der einheimische John führt uns durch steinige Gemüsefelder zu einer unscheinbaren Höhle / © Foto: Georg Berg
In einer Höhle von Kannibalen zurückgelassene Schädel auf der zu Papua Neuguinea gehörenden Insel Pana Vara Vara / © Foto: Georg Berg
In einer Höhle von Kannibalen zurückgelassene Schädel auf der zu Papua Neuguinea gehörenden Insel Pana Vara Vara / © Foto: Georg Berg

Mehr über Papua Neuguinea:
Ausführlicher Artikel über Begegnungen auf Papua Neuguinea. Die Reportage über das Flugzeugwrack tief im Dschungel erinnert an den zweiten Weltkrieg und den Abschuss des japanischen Generals Yamamoto, der den Angriff auf Pearl Harbour geplant hat. Bougainville: Entstehen einer Nation. Die Bevölkerung der einstigen deutschen Kolonie Bougainville hat 2019 mit einer Mehrheit von 98 Prozent für die Unabhängigkeit von Papua Neuguinea gestimmt.

Die Kosten der Schiffsreise wurden der Redaktion nicht in Rechnung gestellt

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