Der kleine Ort Lützerath hatte selten mehr als 100 Einwohner. Dennoch ist er für Klimaaktivisten international bekannt und zum Symbol geworden. Im rheinischen Braunkohlegebiet ist Lützerath wohl der letzte von mehreren hundert Orten, der den Braunkohlebaggern und dem Energiehunger zum Opfer fällt.
Während in anderen Orten der Protest und das Mitgefühl vor allem den Bewohnern galt, die zwangsweise ihre Heimat aufgeben mussten, ist es jetzt das Klima. Dass fossile Brennstoffe immer schon klimaschädlich waren, war irgendwie klar, stand bei früheren Protesten nur nicht im Vordergrund.
Die Besetzer von Lützerath haben sich in ihrem Camp auch heimelig gemacht. Die selbst gebauten Hütten und Gemeinschaftseinrichtungen in dieser Siedlung zeugen davon. Alle die hierhin kamen, konnten an der Verwirklichung dieser Idee mitarbeiten: Lützerath versiegelt unter sich eine dicke Lage Braunkohle, die nicht verbrannt werden darf. Denn nur so kann das Klimaziel eingehalten werden.
Bei aller Entschlossenheit bleibt der Widerstand gewaltfrei. Wer hier ist, geht nicht freiwillig sondern sorgt mit viel Kreativität für Verzögerung. Je aufwändiger der Einsatz ist und je länger er dauert, desto mehr stellt sich die Frage, ob der politische Kompromiss diesen Preis wert ist.
Die Gespräche der Aktivisten mit den beteiligten Polizisten sind größtenteils sachlich. „Ich nehme das alles auch für deine Kinder auf mich.“ Der Gedankenaustausch, der auf solche Aussagen folgt, macht manch einen Polizisten nachdenklich.
Nur an Orten wie Lützerath kann man versuchen, manche Probleme wirklich zu begreifen.
Aktivität gegen Resignation
Sieben Jahre früher im Nachbardorf Borschemich war die Situation noch ganz anders.
Am Grubenrand bei Lützerath hat man einen weiten Blick in den Braunkohlen-Tagebau. Wo jetzt das riesige Loch gähnt, waren viele Dörfer, deren Einwohner umgesiedelt wurden. Wo jetzt der große Bagger steht, trafen sich am 27. Februar 2016 die ehemaligen Einwohner von Borschemich, die sich inzwischen verstreut eine neue Heimat aufgebaut haben. Sie hatten sich am alten Dorfplatz verabredet, um gemeinsam die alte Dorflinde selbst zu fällen.
Alle ehemaligen Dorfbewohner mussten ihren je eigenen Verlust durch die Umsiedelung ertragen. Gemeinsam aber wollten sie die alte Linde, mit der jeder etwas angenehmes verband, nicht der herzlosen Vernichtung durch RWE überlassen. Bei Suppe und Bier traf man sich, tauschte Erinnerungen aus und am Ende nahm der ein oder andere ein Stück des alten Lindenbaums mit in seine neue Heimat. Der Dorftrutz ist gefällt.