Kaum hat man das Hotel hinter sich gelassen, ist man schon mitten drin. Umgeben von Menschen, die alle etwas zu bieten haben. Drinks, Snacks, Telefonkarten aber auch Dinge für die ein Tourist beim besten Willen keine Verwendung hat. Maniokknollen zum Beispiel oder riesige Fische. Frisch gefangen und bestimmt ihr Geld wert. Fast alles wird in bunten Schüsseln auf dem Kopf getragen und ist so auch im Menschengedrängel nicht zu übersehen. Verkäufer müssen nicht lange gesucht werden, denn sie stellen direkt unter der Ware den Blickkontakt zu potentiellen Käufern her.
Das Auge isst in Sierra Leone mit – Auch auf die Inszenierung kommt es an / © Fotos: Georg Berg
Fingerfood vom Feinsten
In sofort konsumierbaren Mengen geröstete Maiskolben, frische Erdnüsse, Mangos oder dünne lange Bananenchips sollte man sich genauso wenig entgehen lassen wie Kokosmilch aus der frisch aufgeschlagenen Nuss.
Mentales Rückentraining
Das Geschick der Menschen, die ihre Einkäufe auch auf dem Kopf nach Hause balancieren, macht die eigene Haltung schon beim Betrachten besser. Trotz schwerster Ladung gibt es im dichten Gedränge keine Zusammenstöße.
Bei dem großen Angebot ist kaum zu glauben, dass die Versorgungslage in Sierra Leone noch vor Kurzem sehr kritisch gewesen ist. Während der bis Ende 2015 dauernden Ebola Epidemie kam das öffentliche Leben zum Erliegen und auch Landwirtschaft konnte nicht mehr betrieben werden. Das hat damals für eine zu geringe Erntemenge gesorgt und bis heute Auswirkungen auf das Saatgut.
Fisch – gut und proteinreich
Der Küstenort Tombo, in der Nähe von Freetown, ist das Zentrum der Fischerei Sierra Leones. 700 kleine Fischerboote fahren täglich aufs Meer hinaus und jedes von ihnen bietet Arbeit für 50 Menschen. Es sind die Fischer, aber auch die jungen Männer, die am Strand die Fische entladen. Sie tragen jeweils 30 kg Fisch in Schüsseln auf ihrem Kopf. An Land werden diese Fische dann von Frauen sortiert und verkauft.
Aber diese seit Generationen eingespielten Abläufe sind in Gefahr, denn große Fischereiflotten nähern sich von internationalen Gewässern aus immer öfter unkontrolliert den Küstengebieten. Dabei fangen sie nicht nur die Fischgründe leer. Uns gegenüber haben sich die Fischer auch über zerschnittene Netze beklagt.
Tombo ist in Sierra Leone aber auch für seine Fußball-Akademie bekannt, in der Jungen und Mädchen neben einer erstklassigen Schulbildung auch Fußballtraining auf höchstem Niveau erhalten.
Französische Küche in Sierra Leone
Am idyllischen Mama Beach haben wir Manuel Geslain getroffen, den es im Jahr 2010 aus Frankreich ins Spezialitätenrestaurant Eden Park Resort gezogen hat. Als Koch hat Geslain in Grenoble begonnen. Über Bordeaux führte ihn sein Weg nach Paris ins legendäre Hôtel de Crillon, wo er für die Vorspeisen verantwortlich zeichnete. In Sierra Leone ist seine Küche weiterhin französisch geprägt. Viele Zutaten importiert er sogar aus Europa. In Sierra Leone ist Gaslain vor allem von der Qualität der frischen Fische begeistert und vor kurzem hat er mit einer kleinen Kräuterzucht begonnen. Er schwärmt vor allem von Hummer, Zackenbarsch, atlantischem Bonito, Barracuda, Mangrovenbarsch, Scholle und Shrimps.
Nach dem elfjährigen Bürgerkrieg nahm seit 2002 der Touristenstrom in Sierra Leone langsam wieder Fahrt auf. Durch die Ebola-Epidemie wurde 2014 der Aufschwung aber jäh wieder gestoppt. Geslain ist dennoch im Land geblieben und hat für eine britische Hilfsorganisation gekocht, die in den Räumen des Eden Parks Quartier bezogen hat.
Ohne Kühlschrank oder fließendes Wasser
In Sierra Leone werden Lebensmittel nur frisch oder getrocknet verkauft und das nur in den Mengen des täglichen Bedarfs. Gekühlte oder industriell verpackte Produkte und Supermärkte sind auch in den größeren Städten Mangelware. Auf dem Land haben die wenigsten Wohnungen elektrischen Strom oder fließendes Wasser.
Eintöpfe müssen nicht eintönig sein
Typisch für die Küche Sierra Leones sind scharf gewürzte dicke Soßen, die zu einheimischem grauem Vollkornreis oder Maniokwurzeln gegessen werden. Blattgemüse, einheimisches rotes Palmöl, rote und grüne Peperoni oder Erdnüsse sind die Hauptbestandteile der meisten Eintöpfe.
Maniokblätter (Cassava) sind neben Kartoffel- und Juteblättern wahlweise das Blattgemüse für die grünen Soßen. In Lokalen werden sie in festgelegtem Turnus an verschiedenen Wochentagen serviert: montags Cassava, dienstags Kartoffelblätter und mittwochs Juteblätter.
Die Sache mit dem Suppen-Würfel
Fleisch oder Fisch gehören zu den besseren Gerichten und im ungünstigen (häufigeren) Fall Suppen-Würfel. Die kleinen bunten Würfel sind selbst in den entlegensten Siedlungen allgegenwärtig. Dieser westliche Einfluss hat das in Sierra Leone traditionelle Sounbareh als Gewürz weitgehend verdrängt. Es besteht aus vergorenen Johannisbrot-Kernen. Die Variante Ogeri besteht aus vergorenen Sesamkörnern.
Die Maniok-Knolle ist eine der wichtigsten Kohlenhydratträger und für die Ernährung in der Tropen unverzichtbar, weil die Pflanze auch während Trockenperioden sehr gut wächst und als Staude ganzjährig geerntet werden kann. Gekochte Maniok-Knollen lassen sich vor dem Verzehr leicht schälen. Die Maniok-Blätter sind im Gegensatz zu den Knollen reich an essenziellen Proteinen.
Alle Gerichte sind einfach und nahrhaft. Erdnüsse werden zu einer schmackhaften Suppe oft mit einer Fischeinlage verarbeitet. Gemüse wie Okras, Auberginen oder Schwarzaugenbohnen gehören ebenso zu einer abwechslungsreichen Küche, wie Hirse und verschiedene Süßkartoffeln oder Kochbananen.
Vergorener Palmwein (Poyo) ist ein bei Sierra Leonern beliebtes Getränk. Kenner kaufen ihn aber nur bei persönlich bekannten Vertrauensleuten, die ihn frisch aus der Palmkrone herunterholen und nicht mit Wasser verdünnen.
Diese Recherchereise wurde zum Teil vom Tourist Board Sierra Leone unterstützt