Lebendige Märkte in West-Afrika

Kaum hat man das Hotel hinter sich gelassen, ist man schon mitten drin. Umgeben von Menschen, die alle etwas zu bieten haben. Drinks, Snacks, Telefonkarten aber auch Dinge für die ein Tourist beim besten Willen keine Verwendung hat. Maniokknollen zum Beispiel oder riesige Fische. Frisch gefangen und bestimmt ihr Geld wert. Fast alles wird in bunten Schüsseln auf dem Kopf getragen und ist so auch im Menschengedrängel nicht zu übersehen. Verkäufer müssen nicht lange gesucht werden, denn sie stellen direkt unter der Ware den Blickkontakt zu potentiellen Käufern her.

Frau mit interessantem T-Shirt verkauft Bananen / © Foto: Georg Berg
Kasava Blätter in Makeni, Sierra Leone / © Foto: Georg Berg

Das Auge isst in Sierra Leone mit – Auch auf die Inszenierung kommt es an / © Fotos: Georg Berg

30 Kilo Fisch werden in Sierra Leone mit Haltung transportiert / © Foto: Georg Berg
30 Kilo Fisch werden in Sierra Leone mit Haltung transportiert / © Foto: Georg Berg

Fingerfood vom Feinsten

In sofort konsumierbaren Mengen geröstete Maiskolben, frische Erdnüsse, Mangos oder dünne lange Bananenchips sollte man sich genauso wenig entgehen lassen wie Kokosmilch aus der frisch aufgeschlagenen Nuss.

Hauchdünne Bananenchips frisch hergestellt sind ein Genuss, für den allein sich eine Reise nach Sierra Leone lohnen würde / © Foto: Georg Berg
Hauchdünne Bananenchips frisch hergestellt sind ein Genuss, für den allein sich eine Reise nach Sierra Leone lohnen würde / © Foto: Georg Berg

Mentales Rückentraining

Das Geschick der Menschen, die ihre Einkäufe auch auf dem Kopf nach Hause balancieren, macht die eigene Haltung schon beim Betrachten besser. Trotz schwerster Ladung gibt es im dichten Gedränge keine Zusammenstöße.

Säckeweise Peperoni sind zwar nicht schwer, aber gegen die Schärfe der Schoten hat sich eine Lage Plastikfolie auf dem Kopf bewährt / © Foto: Georg Berg
Säckeweise Peperoni sind zwar nicht schwer, aber gegen die Schärfe der Schoten hat sich eine Lage Plastikfolie auf dem Kopf bewährt / © Foto: Georg Berg
Inneres Gleichgewicht verhilft zu anmutigen Bewegungen; auch beim Gang in den Garten / © Foto: Georg Berg
Inneres Gleichgewicht verhilft zu anmutigen Bewegungen; auch beim Gang in den Garten / © Foto: Georg Berg

Bei dem großen Angebot ist kaum zu glauben, dass die Versorgungslage in Sierra Leone noch vor Kurzem sehr kritisch gewesen ist. Während der bis Ende 2015 dauernden Ebola Epidemie kam das öffentliche Leben zum Erliegen und auch Landwirtschaft konnte nicht mehr betrieben werden. Das hat damals für eine zu geringe Erntemenge gesorgt und bis heute Auswirkungen auf das Saatgut.

Intensive Flächennutzung bedeutet in Sierra Leone: Ölpalmen stehen in Reisfeldern / © Foto: Georg Berg
Intensive Flächennutzung bedeutet in Sierra Leone: Ölpalmen stehen in Reisfeldern / © Foto: Georg Berg
Kinder arbeiten in Sierra Leone mit. Über weite Strecken holen sie zum Beispiel Reis vom Feld / © Foto: Georg Berg
Kinder arbeiten in Sierra Leone mit. Über weite Strecken holen sie zum Beispiel Reis vom Feld / © Foto: Georg Berg
Die Grundnahrungsmittel Reis, Bohnen und Maniok-Mehl sind für die Bevölkerung Sierra Leones besonders wichtig. Nach der Ebola-Epidemie stehen sie wieder in ausreichender Menge zur Verfügung / © Foto: Georg Berg
Die Grundnahrungsmittel Reis, Bohnen und Maniok-Mehl sind für die Bevölkerung Sierra Leones besonders wichtig. Nach der Ebola-Epidemie stehen sie wieder in ausreichender Menge zur Verfügung / © Foto: Georg Berg

Fisch – gut und proteinreich

Der Küstenort Tombo, in der Nähe von Freetown, ist das Zentrum der Fischerei Sierra Leones. 700 kleine Fischerboote fahren täglich aufs Meer hinaus und jedes von ihnen bietet Arbeit für 50 Menschen. Es sind die Fischer, aber auch die jungen Männer, die am Strand die Fische entladen. Sie tragen jeweils 30 kg Fisch in Schüsseln auf ihrem Kopf. An Land werden diese Fische dann von Frauen sortiert und verkauft.

Noch am Strand von Tombo werden die frisch gefangenen Fische sortiert und zum Markt gebracht / © Foto: Georg Berg
Noch am Strand von Tombo werden die frisch gefangenen Fische sortiert und zum Markt gebracht / © Foto: Georg Berg
Eine gute Portion Fisch aus dem Atlantik. In Sierra Leone wird kein Lebensmittel lange gelagert, sondern meist frisch zubereitet / © Foto: Georg Berg
Eine gute Portion Fisch aus dem Atlantik. In Sierra Leone wird kein Lebensmittel lange gelagert, sondern meist frisch zubereitet / © Foto: Georg Berg
Rochen haben keine Gräten und vor allem die Flügel sind gebraten ein besonderer Genuss / © Foto: Georg Berg
Rochen haben keine Gräten und vor allem die Flügel sind gebraten ein besonderer Genuss / © Foto: Georg Berg

Aber diese seit Generationen eingespielten Abläufe sind in Gefahr, denn große Fischereiflotten nähern sich von internationalen Gewässern aus immer öfter unkontrolliert den Küstengebieten. Dabei fangen sie nicht nur die Fischgründe leer. Uns gegenüber haben sich die Fischer auch über zerschnittene Netze beklagt.

Der Hafen von Tombo hat kein Becken. Es ist ein Strand, 40 Kilometer von Sierra Leones Hauptstadt Freetown entfernt. Von hier aus fahren 700 Fischerboote aufs Meer hinaus / © Foto: Georg Berg
Der Hafen von Tombo hat kein Becken. Es ist ein Strand, 40 Kilometer von Sierra Leones Hauptstadt Freetown entfernt. Von hier aus fahren 700 Fischerboote aufs Meer hinaus / © Foto: Georg Berg

Tombo ist in Sierra Leone aber auch für seine Fußball-Akademie bekannt, in der Jungen und Mädchen neben einer erstklassigen Schulbildung auch Fußballtraining auf höchstem Niveau erhalten.

Französische Küche in Sierra Leone

Am idyllischen Mama Beach haben wir Manuel Geslain getroffen, den es im Jahr 2010 aus Frankreich ins Spezialitätenrestaurant Eden Park Resort gezogen hat. Als Koch hat Geslain in Grenoble begonnen. Über Bordeaux führte ihn sein Weg nach Paris ins legendäre Hôtel de Crillon, wo er für die Vorspeisen verantwortlich zeichnete. In Sierra Leone ist seine Küche weiterhin französisch geprägt. Viele Zutaten importiert er sogar aus Europa. In Sierra Leone ist Gaslain vor allem von der Qualität der frischen Fische begeistert und vor kurzem hat er mit einer kleinen Kräuterzucht begonnen. Er schwärmt vor allem von Hummer, Zackenbarsch, atlantischem Bonito, Barracuda, Mangrovenbarsch, Scholle und Shrimps.

An einem unberührten Sandstrand liegt das Eden Park Resort. Ein beliebter Treffpunkt mit französischer Küche und tropischen Akzenten / © Foto: Georg Berg
An einem unberührten Sandstrand liegt das Eden Park Resort. Ein beliebter Treffpunkt mit französischer Küche und tropischen Akzenten / © Foto: Georg Berg

Nach dem elfjährigen Bürgerkrieg nahm seit 2002 der Touristenstrom in Sierra Leone langsam wieder Fahrt auf. Durch die Ebola-Epidemie wurde 2014 der Aufschwung aber jäh wieder gestoppt. Geslain ist dennoch im Land geblieben und hat für eine britische Hilfsorganisation gekocht, die in den Räumen des Eden Parks Quartier bezogen hat.

Ohne Kühlschrank oder fließendes Wasser

In Sierra Leone werden Lebensmittel nur frisch oder getrocknet verkauft und das nur in den Mengen des täglichen Bedarfs. Gekühlte oder industriell verpackte Produkte und Supermärkte sind auch in den größeren Städten Mangelware. Auf dem Land haben die wenigsten Wohnungen elektrischen Strom oder fließendes Wasser.

Wichtiges Küchengerät in Sierra Leone: Im Mörser können auch große Mengen zerkleinert werden / © Foto: Georg Berg
Wichtiges Küchengerät in Sierra Leone: Im Mörser können auch große Mengen zerkleinert werden / © Foto: Georg Berg
Gekocht wird in Sierra Leone draußen in großen Töpfen auf offenem Feuer / © Foto: Georg Berg
Gekocht wird in Sierra Leone draußen in großen Töpfen auf offenem Feuer / © Foto: Georg Berg

Eintöpfe müssen nicht eintönig sein

Typisch für die Küche Sierra Leones sind scharf gewürzte dicke Soßen, die zu einheimischem grauem Vollkornreis oder Maniokwurzeln gegessen werden. Blattgemüse, einheimisches rotes Palmöl, rote und grüne Peperoni oder Erdnüsse sind die Hauptbestandteile der meisten Eintöpfe.

Jede dieser Chilli-Portionen kann sogar einem großen Gericht scharf einheizen / © Foto: Georg Berg
Jede dieser Chilli-Portionen kann sogar einem großen Gericht scharf einheizen / © Foto: Georg Berg

Maniokblätter (Cassava) sind neben Kartoffel- und Juteblättern wahlweise das Blattgemüse für die grünen Soßen. In Lokalen werden sie in festgelegtem Turnus an verschiedenen Wochentagen serviert: montags Cassava, dienstags Kartoffelblätter und mittwochs Juteblätter.

In Sierra Leone sind auch die Blätter der Kartoffel ein wichtiges Nahrungsmittel. Diese Frau bringt ihren Einkauf heim / © Foto: Georg Berg
In Sierra Leone sind auch die Blätter der Kartoffel ein wichtiges Nahrungsmittel. Diese Frau bringt ihren Einkauf heim / © Foto: Georg Berg
In ihrer Konsistenz gleicht die beliebte scharfe Cassava-Soße püriertem Spinat. Abgebildet ist eine Restaurant-Portion. Hausgemeinschaften essen in Sierra Leone üblicherweise gemeinsam aus einer Schüssel / © Foto: Georg Berg
In ihrer Konsistenz gleicht die beliebte scharfe Cassava-Soße püriertem Spinat. Abgebildet ist eine Restaurant-Portion. Hausgemeinschaften essen in Sierra Leone üblicherweise gemeinsam aus einer Schüssel / © Foto: Georg Berg

Die Sache mit dem Suppen-Würfel

Fleisch oder Fisch gehören zu den besseren Gerichten und im ungünstigen (häufigeren) Fall Suppen-Würfel. Die kleinen bunten Würfel sind selbst in den entlegensten Siedlungen allgegenwärtig. Dieser westliche Einfluss hat das in Sierra Leone traditionelle Sounbareh als Gewürz weitgehend verdrängt. Es besteht aus vergorenen Johannisbrot-Kernen. Die Variante Ogeri besteht aus vergorenen Sesamkörnern.

Wie alle Lebensmittel werden Gewürze in Sierra Leone in kleinen Portionen verkauft. Häusliche Vorratshaltung ist nicht üblich / © Foto: Georg Berg
Wie alle Lebensmittel werden Gewürze in Sierra Leone in kleinen Portionen verkauft. Häusliche Vorratshaltung ist nicht üblich / © Foto: Georg Berg

Die Maniok-Knolle ist eine der wichtigsten Kohlenhydratträger und für die Ernährung in der Tropen unverzichtbar, weil die Pflanze auch während Trockenperioden sehr gut wächst und als Staude ganzjährig geerntet werden kann. Gekochte Maniok-Knollen lassen sich vor dem Verzehr leicht schälen. Die Maniok-Blätter sind im Gegensatz zu den Knollen reich an essenziellen Proteinen.

Maniok-Knollen werden mit Naturfasern zu Verkaufseinheiten zusammengebunden. Das exakte Verkaufsgewicht spielt in Sierra Leone eine untergeordnete Rolle / © Foto: Georg Berg
Maniok-Knollen werden mit Naturfasern zu Verkaufseinheiten zusammengebunden. Das exakte Verkaufsgewicht spielt in Sierra Leone eine untergeordnete Rolle / © Foto: Georg Berg
Auf jedem Markt in Sierra Leone werden Cassava-Blätter frisch durch den Wolf gedreht und in Plastiktüten verkauft / © Foto: Georg Berg
Auf jedem Markt in Sierra Leone werden Cassava-Blätter frisch durch den Wolf gedreht und in Plastiktüten verkauft / © Foto: Georg Berg

Alle Gerichte sind einfach und nahrhaft. Erdnüsse werden zu einer schmackhaften Suppe oft mit einer Fischeinlage verarbeitet. Gemüse wie Okras, Auberginen oder Schwarzaugenbohnen gehören ebenso zu einer abwechslungsreichen Küche, wie Hirse und verschiedene Süßkartoffeln oder Kochbananen.

In Sierra Leone gibt es verschiedene Auberginensorten / © Foto: Georg Berg
In Sierra Leone gibt es verschiedene Auberginensorten / © Foto: Georg Berg
In Sierra Leone können Palmöl-Früchte das ganze Jahr über geerntet werden / © Foto: Georg Berg
In Sierra Leone können Palmöl-Früchte das ganze Jahr über geerntet werden / © Foto: Georg Berg
In Westafrika werden große Mengen Palmöl verbraucht. Hier wird es frisch und unbehandelt verwendet. Durch den hohen Gehalt an Beta-Carotin ist es rot gefärbt / © Foto: Georg Berg
In Westafrika werden große Mengen Palmöl verbraucht. Hier wird es frisch und unbehandelt verwendet. Durch den hohen Gehalt an Beta-Carotin ist es rot gefärbt / © Foto: Georg Berg

Vergorener Palmwein (Poyo) ist ein bei Sierra Leonern beliebtes Getränk. Kenner kaufen ihn aber nur bei persönlich bekannten Vertrauensleuten, die ihn frisch aus der Palmkrone herunterholen und nicht mit Wasser verdünnen.

Sauberes Trinkwasser wird in Sierra Leone in Plastiktüten verkauft. Man beißt eine Ecke ab und mit etwas Übung kann man trinken, ohne nass zu werden / © Foto: Georg Berg
Sauberes Trinkwasser wird in Sierra Leone in Plastiktüten verkauft. Man beißt eine Ecke ab und mit etwas Übung kann man trinken, ohne nass zu werden / © Foto: Georg Berg

Unsere Arbeitsweise zeichnet sich durch selbst erlebte, gut recherchierte Textarbeit und professionelle, lebendige Fotografie aus. Für alle Geschichten gilt, dass Reiseeindrücke und Fotos am selben Ort entstehen. So ergänzen und stützen die Fotos das Gelesene und tragen es weiter.

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Diese Recherchereise wurde zum Teil vom Tourist Board Sierra Leone unterstützt

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