Bereits das traditionelle Frühstück in Japan ist ein Fest für die Augen. Es präsentiert sich in vielen kleinen Schüsseln und auf kleinen Tellern. Eine Misosuppe gehört immer dazu. Ichi-Ju-San-Sai bedeutet eine Suppe und drei Gerichte. Mindestens. Meistens ist es viel mehr. Es hat so gar nichts mit den zuckrigen Tagesstartern aus Europa zu tun. Den traditionellen Start in den Tag bekommt man als Reisender am sichersten in einem Ryokan geboten.
Die kleinen privat geführten Gasthäuser bieten nicht nur das reichhaltige Frühstück, sondern auch das passende Ambiente. Gegessen wird an niedrigen Tischen, man hockt auf Sitzkissen in einem schlichten Raum, der mit Tatami-Matten ausgelegt ist und in der Raumecke steht schon der Reiskocher bereit, bevor die Gastwirtin damit beginnt, die kleinen Portionen und die Tischfeuerstelle aufzubauen.
Hara Hachi Bu – Maßvoll essen schwer gemacht!
Fülle deinen Magen nur zu 80 Prozent oder anders ausgedrückt: Höre auf zu essen, wenn sich die Sättigung einstellt. Diese Regel sollte man vielleicht von einer Japan Reise mit nach Hause nehmen und dann im Alltag anwenden. Auf der Reise durch das kulinarische Wunderland Japan fällt diese Art der Mäßigung schwer. Schließlich möchte man alles probieren und weil es meistens so gut schmeckt auch aufessen.
Das Frühstück gilt in Japan als Grundlage für ein langes und gesundes Leben. Tofu, Fisch, Reis und Tsukemono, sauer eingelegtes Gemüse, stehen im Mittelpunkt. Im Ryokan Izu-Makiba auf der Halbinsel Izu in der Präfektur Shizuoka wird mir am Morgen, die bislang beste Misosuppe unserer Reise serviert. Sie schmeckt so gut, dass ich Frau Iyama mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms bitte, mir am nächsten Morgen die Zubereitung zu zeigen.
Misoshiru – vom Glück einer warmen Suppe
Misosuppe schmeckt von Region zu Region unterschiedlich. Ihr Geschmack hängt ganz entscheidend vom verwendeten Miso ab. Die Suppe wird in einer Schale mit Deckel serviert, um den Duft so lange wie möglich festzuhalten. Eine Misosuppe setzt sich aus drei Komponenten zusammen, die alle zu der besonderen Geschmackstiefe beitragen. Aus der Kombualge und den getrockneten Bonitoflocken, Katsuobushi genannt, bereitet man im ersten Schritt eine Dashi-Brühe zu. Dann erst folgt die Zugabe von Miso und kurz vor dem Servieren werden noch die Einlagen wie Frühlingszwiebeln oder Seidentofu hinzugegeben. Eine Misosuppe sollte nicht aufkochen, sonst leiden Geschmack und auch Textur der Suppe.
Miso – Die Quelle des Geschmacks
Dashi ist die Grundlage der Misosuppe. Es gibt mehrere Arten, Dashi-Brühe herzustellen. Etwas mehr Vorbereitungszeit erfordert das kalte Einweichen der Kombualge. Schneller ist das Ziehen der Algen in heißem Wasser und die anschließende Zugabe von Katsuobushi, den gehobelte Spänen eines fermentierten Thunfischs. Für Vegetarier werden anstelle der Bonitoflocken eingeweichte getrocknete Shitakepilze verwendet.
Im Ryokan Izu Makiba wendet Frau Iyama die schnelle Variante an. Wasser wird aufgekocht und die Kombualge zieht für einige Minuten im heißen Wasser. Dann wird sie wieder entfernt. Die Alge kann man wieder trocknen lassen und ein zweites Mal verwenden. Der erste Auszug nennt sich Ichiban Dashi, der zweite Niban Dashi.
Als nächstes fügt Frau Iyama für weiteren Umami-Geschmack die Bonitoflocken, Katsuobushi genannt, hinzu. Eine große Hand der feingehobelten Delikatesse versinkt im heißen Wasser. Das Wasser sollte ungefähr 80 Grad betragen. Die Bonitoflocken gut 5 Minuten ziehen lassen. Dann den Inhalt des Topfes durch ein Sieb schütten und zurück in den Topf geben.
Misosuppe ist so bedeutsam in der Japanischen Küche, dass das tägliche Zubereiten der Suppe, im Sprachgebrauch als Synonym dafür gilt, wenn man ausdrücken möchte, das ganze Leben miteinander zu verbringen. Echt herzerwärmend! Darüber hinaus ist Misosuppe gesund, reich an Proteinen und sättigend. Als Einlage wird zumeist Tofu verwendet sowie Frühlingszwiebel oder kleine Gemüsestreifen.
Ryokan Izu Makiba
Das Ryokan ist eine glückliche Zufallsentdeckung auf unserer Reise durch die Präfektur Shizuoka. Auf der Suche nach einer Unterkunft sind wir auf das traditionelle Gasthaus gestoßen. Zu erkennen sind Restaurants und Ryokans oft nur an einem Stoffvorhang vor dem Eingang. Im Izu Makiba kocht Hiroto Iyama opulente Fischmenüs. Seine Mutter kümmert sich um das Frühstück. Das Haus verfügt sogar über einen eigenen Onsen, eine natürliche heiße Quelle. Zum Abschied bekommen wir als Geschenk noch ein Japanisches Windspiel und gute Wünsche mit auf den Weg. Wie immer bringt das Übersetzungsprogramm lustige Formulierungen hervor. Eine der lustigsten Übersetzungen durch das Programm war Hiroto’s Frage, ob wir auch Fleisch essen. „Essen Sie Kreaturen?“
Nur wenige Kilometer entfernt vom Ryokan Izu Makiba befindet sich der Familienbetrieb von Yasuhisa Seriwaza. Hier wird in fünfter Generation die älteste Methode der Fischkonservierung angewandt und exzellenter Katsuobushi produziert. Wir hatten das Glück, den Beginn der Produktion auf dem Weg vom Thunfisch zur steinharten Delikatesse zu erleben. Zu Besuch bei Mr Slow Food Mount Fuji – Die Produktion von Bonitoflocken.
Der Aufenthalt in der Prefektur wurde zum Teil vom Tourismusverband Shizuoka unterstützt