Olga Polizzi schafft den perfekten Ort für eine Auszeit vom Alltag
Es liegt da, wie ein verwunschener Ort, an dem Elfen von Kamin zu Kamin schweben und die sieben Zwerge jederzeit pfeifend um die Ecke spazieren könnten. Endsleigh ist ein denkmalgeschütztes Anwesen in der Grafschaft Devon, umgeben von über 40 Hektar Märchenwald. Das weitläufige Gelände mit Follies, Grotten und Gartenpavillons wurde Anfang des 19. Jahrhundert von Englands letztem großem Gartenarchitekten Humphrey Repton entworfen. Es war ein Auftrag des Herzogs von Bedford, dem damals ein Drittel Devons gehörte. Der Ort erinnerte die Herzogin von Bedford an ihre Heimat Schottland.
Die Herzogin traf eine gute Wahl. Endsleigh liegt am Rande des heutigen Naturschutzgebietes Dartmoor und ist eingebettet in eine wunderschöne Hügellandschaft, durch die der Tamar, Englands bester Fluß zum Angeln von Forellen und Lachsen, mäandert. Der Herzog hat 1814 den Grundstein für die Angler- und Jagd-Lodge gelegt, die für seine große Familie mit 13 Kindern zur Sommerresidenz wurde. Aber wie so viele große Häuser lag auch Endsleigh lange in einem Dornröschenschlaf, ehe es 2004 von Olga Polizzi wach geküsst wurde. Die bekannte Interieur-Designerin hat als Design-Chefin die Rocco Forte Hotel Gruppe gemeinsam mit ihrem Bruder Rocco Forte aufgebaut. Über Endsleigh sagt sie, dass sie es mehr mit dem Herzen als mit dem Kopf gekauft hat. Das Gebäude war stark renovierungsbedürftig. Der weitläufige Garten mit seinen prämierten Bäumen und seltenen Pflanzen war verwildert. Heute ist Endsleigh der perfekte Ort um abzuschalten und die Hektik des Alltags hinter sich zu lassen. Zu hören sind hier nur das Vogelgezwitscher, der Wind und der Fluss. Ideal um spazieren zu gehen, Croqué auf dem Rasen zu spielen oder einen Devonshire Cream Tea im Salon einzunehmen und sich so in das beschauliche Leben der High Society des 19. Jahrhunderts hinein zu versetzen.
A walk in the park mit dem Chefgärtner
Die Terrasse bietet einen Blick über das Tal und man schaut über den Rasen entlang an Englands längster zusammenhängender Zierrabbatte, der Long Border. Im Mai 2017 wurde Endsleigh von der Times zur Nummer 1 in der Kategorie Best for Gardens gewählt – und das soll etwas heißen in einem Land, das berühmt für seine wunderschönen Gärten ist.
Für Gartenliebhaber, die mehr über die Geschichte des Endsleigh Garden erfahren möchten, ist eine Führung mit Chefgärtner Ben Ruscombe-King unbedingt empfehlenswert. Ben führt uns bei einem ausführlichen Rundgang zu den verschiedenen Highlights und Kuriositäten des Gartens.
Der Duke of Bedford war ein großer Pflanzenjäger und so kommt es, dass der Garten von Endsleigh ein Arboretum mit sehr alten Baumbestand besitzt, unter denen sich etliche Nationale Champions befinden. Ben zeigt uns einen der ehemaligen Meister, ein 1860 gepflanzter Mammutbaum. Ein Sturm kürzte ihn unfreiwillig ein und er verlor den Titel als höchster Baum. Dafür hat Endsleigh inzwischen den Titel der höchsten Sequoia im Land für einen anderen Baum zurückerobert. Den Stolz darüber kann Ben nicht verbergen.
Weißer Rauch für die Romantik und andere Narreteien
Englische Gärten sind auch bekannt für sogenannte Follies, ungewöhnliche Zierbauten. Endsleigh hat hier gleich mehrere optische Narreteien zu bieten. Das Muschelhaus am Ende der langen Zierrabatte ist an Wänden, Boden und Decke mit Muscheln bedeckt. Auf der anderen Seite des Flusses gibt es das Swiss Cottage, eine einfache Hütte, die früher nur einem einzigen Zweck diente, nämlich viel Rauch zu produzieren. Bis in die 1950er Jahre ruderte täglich ein Bediensteter über den Fluss und zündete im Swiss Cottage ein Kaminfeuer an. Der Rauch, der malerisch durch das Tal zog, war von Endsleigh aus zu sehen und sorgte dort für den gewollten pittoresken Eindruck, nicht ganz allein zu sein im Tal des Tamars.
Milchmädchenrechnung
Zu einer noch viel größeren Narretei führt uns Ben über verschlungene Wege. Der Garten hat viele kleine Sackgassen, die von Architekt Rapton bewusst angelegt wurden. Die Herrschaften wünschten kleine Abenteuer. Der Reiz sich zu verirren und umkehren zu müssen, sollte die Tage auf dem Land abwechslungsreich gestalten. Die Herzogin von Bedford hatte noch ganz andere Vorstellungen von Abwechslung. Sie wollte in der Sommerresidenz dem Herzoginnendasein entfliehen und so lies der Herzog für sie eine kleine aber feine Molkerei errichten.
Einmal im Jahr zog sie im Outfit einer Milchmagd in die Molkerei und stellte dort Butter und Käse her. Für die perfekte Illusion wurden noch zwei Longhorn-Kühe gehalten. Die hausgemachten Milchprodukte kamen natürlich auch auf den Tisch, berichtet Ben und führt uns gleich zum nächsten Gartentrend aus dem 19. Jahrhundert, der „Rockery“. Zu jener Zeit bereisten die ersten wohlhabenden Engländer die Alpen und ließen sich als Erinnerung an das Gebirge, felsige Passagen in den Garten bauen.
35 Gärtner arbeiteten damals das ganze Jahr über in den Gärten von Endsleigh. Auch heute ist, so erzählt Ben Roscombe-King, die gesamte Fläche von 43 Hektar, noch nicht zurückerschlossen. Erst vor einem Jahr haben er und sein 5-köpfiges Team einen von Rapton angelegten, aber völlig in Vergessenheit geratenen Wasserfall entdeckt. Mittlerweile führt ein kleiner Pfad dorthin. Dahinter liegt noch weiteres Land mit möglichen botanischen Überraschungen. Auf dem Rückweg kommen wir noch an einem Rapton Tableau vorbei. Das ist ein weiterer Gartentrend der damaligen Zeit, der den chinesischen Einfluss dokumentiert.
Humphrey Rapton war ein Meister der Präsentation. Seine Auftraggeber überzeugte er mithilfe seiner berühmt gewordenen roten Bücher. Eine Replique liegt im Hotel Endsleigh aus und Gäste werden ermuntert durchzublättern.
Rapton arbeitete mit dem Davor- und Danach-Trick. Er zeichnete den landschaftlichen Ist-Zustand und lies dann Klappkarten mit den neuen Gartenträumen darüberlegen. So überzeugte er auch den Herzog von Bedford.
Jagdfieber und anderer Zeitvertreib
Der Jagdaufseher (schottisch Ghillie) gibt Gästen gerne auch Hilfestellung beim Angeln oder begleitet zur Jagd. Wer weder Fische angeln noch Tiere jagen mag, für den bietet sich ein Ausflug in das nahegelegene Tavistock an. Der Paneer-Market, ist ein überdachter Marktplatz mit täglich wechselnden Angeboten. Natürlich gibt es auch Antik-Tage, an denen man, inspiriert von der Einrichtung in Endsleigh, ein altes Stück ergattern kann.
Chefkoch José Graziosi schwärmt von „Il Carraturo“ seinem liebsten Küchengerät
Die Kosten der Halbpension wurden vom Hotel nicht berechnet