Viele Fußballfans bewundern ihre Idole auf künstlerisch gestalteten Projektionsflächen: Hausfassaden, Brücken und Innenräume bieten Platz für die Leidenschaft derer, die sich oft keine Eintrittkarte mehr leisten können. Der Fußball von FIFA oder Premier League jedoch hat sich von den wahren Fans entfernt.
Buchempfehlung für Fans im Boykott
In Football-Murals zeigt der britische Sportjournalist Andy Brassell Wandmalereien, die ihm auf dem Weg zu seinen Reportagen ins Auge gesprungen sind. Der Fußballexperte hat bei der Recherche für sein Buch die schicksalhafte Hingabe der Fans zu ihren persönlichen Helden durch die Ästhetik der Bilder selbst noch besser verstanden. Die Texte in seinem bislang nur auf englisch erschienenen Buch beschreiben viele Hintergründe der Milieus um Spieler, Vereine, Städte und Trainer.
Wer Fußball liebt, aber mit der WM in Katar nicht viel anfangen kann, könnte mit diesem Buch viel Freude haben: Andy Brassell: Football Murals: A Celebration of Soccer’s Greatest Street Art (Amazon purchase link*)
Wandbilder kommunizieren auf der Straße
Maradona wird in Neapel wie ein Gott verehrt, dem nichts Menschliches fremd ist. Auf einer Mauer verewigt ist natürlich die Hand Gottes, mit der Argentinien Weltmeister wurde. Ronaldo tritt auf Wandbildern wie in seinem Instagram-Account als geschminkter Adonis auf, dessen Wandbild nach seinem Abgang in Turin von Fans zerstört wurde. Messi wirkt auf überdimensionalen Darstellungen immer noch nachdenklich und Jürgen Klopp verkörpert mit seiner emotionalen Intensität zugleich die uneingeschränkte Treue zum Verein.
Anders als von der FIFA auf ihrer Weltmeisterschaft gewünscht, zeigen viele Bilder aber auch den Kampf für das wirklich Gute. Dem jahrzehntelangen Weg zur Anerkennung des Frauenfußballs oder der Black Lives Matter Bewegung sind eigene Kapitel gewidmet. Den Widerstand gegen den übermäßigen Kommerz, versinnbildlicht ein Bild, das Juventur Turins Manager zeigt, wie er einen Fußball und damit die Seele des Spiels erdolcht.
Ganze Kapitel widmen sich Spielern wie Johan Cruyff, Wayne Rooney, Pelé, Zlatan Ibrahimovic, Megan Rapinoe, Mohamed Salah, Franz Beckenbauer, Lucy Bronze oder Zinédine Zidane. Andere Überschriften lauten: Cult of the Coach, When Love breaks Down, Murals Memorial, Soul of the Game oder The Good Fight.
Ich danke dem Zufall
Ich muss bekennen, dass ich auf das Buch erst aufmerksam wurde, weil in ihm auch ein Bild abgedruckt ist, das ich im Kölner Hauptbahnhof während des Sommermärchens 2006 gemacht habe.
Die gesamte Decke im Kölner Hauptbahnhof schmückte damals von einem auf den anderen Tag eine Art Fresco, auf dem in originalgetreuer antiker Anmutung Nationalspieler wie Michael Ballack, David Beckham, Zinédine Zidane und Juan Román Riquelme hoch über den Köpfen der Passanten schwebten.
Später erst habe ich herausbekommen, dass diese Guerrilla Werbung zum Sponsoring des FIFA-Partners Adidas gehörte.