Fujinomiya, Stadt am Fuße des Mount Fuji

Satoyama findet man nicht in Tokio. Für Satoyama, der Gegend zwischen Gebirgsausläufern und Ackerflächen, muss man in die Provinz. Diese ist leicht zu erreichen. Die perfekte und gut getaktete Infrastruktur Japans macht es möglich. Der Schnellzug Shinkansen durchzieht das ganze Land. Die Kunst besteht lediglich darin, an Orten auszusteigen, die sogar auf der klassischen Reiseroute liegen, aber viel zu selten Erwähnung finden.

Der Shinkansen hält mit den Türen exakt an den am Bahnsteig markierten Stellen. Es gibt in Japan kein Gedrängel. Man schließt sich den sich bildenden Schlangen an / © Foto: Georg Berg
Der Shinkansen hält mit den Türen exakt an den am Bahnsteig markierten Stellen. Es gibt in Japan kein Gedrängel. Man schließt sich den sich bildenden Schlangen an / © Foto: Georg Berg

Der pfeilschnelle Shinkansen macht auf seinem Weg von Tokio nach Kyoto auch Halt in Fuji-City. Von dort nimmt man die JR Minobu Line ins nahegelegene Fujnomiya. Wir zeigen, wie man einen Tag in der Provinz mit japanischen Besonderheiten füllen kann: Ein virtueller Aufstieg auf den Mount Fuji, ein Besuch an den Wasserfällen von Shiraito, Soba Nudeln zubereiten mit einer weltbekannten Einheimischen und mit dem Fahrrad durch die Satoyama-Landschaft hin zu einer Sake-Brauerei.

Der virtuelle Aufstieg. Auf über 3.000 Quadratmetern dreht sich im Mount Fuji World Heritage Centre in Fujinomiya alles um den Heiligen Berg Japans / © Foto: Georg Berg
Der virtuelle Aufstieg. Auf über 3.000 Quadratmetern dreht sich im Mount Fuji World Heritage Centre in Fujinomiya alles um den Heiligen Berg Japans / © Foto: Georg Berg

In Fujinomiya lässt sich der Mount Fuji besteigen

Ein Halt am Mount Fuji darf auf einer Japan Reise nicht fehlen. Insbesondere, wenn man von Tokio aus, auf dem Weg Richtung Süden nach Osaka oder Kyoto ist. Der Fuji-san ist makellos und mit 3.776 Metern der höchste Berg Japans. Über viele Monate im Jahr sehen die Japaner ihre schüchterne Göttin, wenn sie nicht gerade von Wolken umhüllt ist, mit einem schneebedeckten Kegel. Vielfach empfohlen wird ein Blick auf den berühmten Berg von den fünf Seen aus, in der Präfektur Yamanashi. Weniger bekannt ist ein Stopp in Shizuoka, der Präfektur in der das Nationalheiligtum Japans geographisch verortet ist.

Das Mount Fuji World Heritage Centre in Fujinomiya. Der kegelförmige Bau ist der Form des Vulkans nachempfunden, wurde auf den Kopf gestellt und spiegelt sich als Mount Fuji auf der Wasserfläche vor dem Museum / © Foto: Georg Berg
Das Mount Fuji World Heritage Centre in Fujinomiya. Der kegelförmige Bau ist der Form des Vulkans nachempfunden, wurde auf den Kopf gestellt und spiegelt sich als Mount Fuji auf der Wasserfläche vor dem Museum / © Foto: Georg Berg

In Fujinomiya steht das Mount Fuji World Heritage Centre. Die Stadt liegt am Fuße des Mount Fuji in der Präfektur Shizuoka. Fujinomiya ist die Stadt, die am nächsten am Helligen Berg Japans liegt. Nur in einem schmalen Zeitfenster in den Sommermonaten ist es möglich, auf den 3.776 Meter hohen Berg zu steigen. Ein Erlebnis, das man dann mit vielen anderen teilen muss.

Das Museum des heiligen Berges Fuji in Kakegawa, Japan. Der virtuelle Aufstieg auf Japans höchsten Berg ist im Mount Fuji Heritage Centre das ganze Jahr über möglich / © Foto: Georg Berg
Das Museum des heiligen Berges Fuji in Kakegawa, Japan. Der virtuelle Aufstieg auf Japans höchsten Berg ist im Mount Fuji Heritage Centre das ganze Jahr über möglich/ © Foto: Georg Berg

Ein virtueller Aufstieg ist in Fujinomiya das ganze Jahr über möglich. Hier steht das architektonisch bemerkenswerte Museum zu Ehren des heiligen Berges. Im Mount Fuji World Heritage Centre wurde der Berg im wahrsten Sinne auf den Kopf gestellt. Seine perfekte Kegelform wurde nachempfunden und mit Zypressenholz, gewachsen am Mount Fuji, verkleidet. Im Inneren geht es auf über 3.000 Quadratmeter Fläche um den heiligen Berg. In einer Spirale wandelt der Besucher flankiert von Projektionsflächen und großformatigen Bildern in einer Wander-Simulation den Mount Fuji hoch. Und erlebt dort die Jahreszeiten genauso, wie die Rituale der Pilger, für die das Wandern zum Gipfel bis heute ein spiritueller Akt ist.

Die Shiraito Wasserfälle werden aus dem Wasser des Mount Fuji gespeist / © Foto: Georg Berg
Die Shiraito Wasserfälle werden aus dem Wasser des Mount Fuji gespeist / © Foto: Georg Berg

Soba, Sake, Satoyama – typisch Japanisch

Übersetzt bedeutet Satoyama soviel wie die Gegend zwischen Gebirgsausläufern und den Ackerflächen. Sie stellen eine typische japanische Landschaft dar. Berge, Hügel und Gebirgsketten gibt es in Japan reichlich und somit auch viel Satoyama. Auf dem Weg in das Dorf Yuno, nur wenige Kilometer nördlich von Fujinomiya, kommen wir an den Shiraito Wasserfällen vorbei. Die Wasserfälle, die ebenfalls ein Weltkulturerbe sind, werden aus dem Schmelzwasser des Mount Fuji gespeist. Hier im Kleinen lässt sich viel typisch Japanisches entdecken. In Yuno angekommen, fahren wir mit dem Fahrrad weiter. Es geht durch eine fruchtbare und von Landwirtschaft geprägte Gegend am Fuße des Mount Fuji. Der Fluß Shiba versorgt die Reisfelder rund um den Ort mit Wasser.

Mit dem Rad unterwegs, vorbei an Bewässerungskanälen für die Felder, auf denen Reis und Buchweizen wächst. Japaner nennen diese Landschaft zwischen Berg und Acker Satoyama / © Foto: Georg Berg
Mit dem Rad unterwegs, vorbei an Bewässerungskanälen für die Felder, auf denen Reis und Buchweizen wächst. Japaner nennen diese Landschaft zwischen Berg und Acker Satoyama / © Foto: Georg Berg

Soba – verrückt nach Nudeln

Da meint man, das typische japanische Essen zu kennen. Reis natürlich immer und zu allem. Aber die Japaner sind ebenso verrückt nach Nudeln. Es gibt Udon Nudeln, dickere Weizennudeln, es gibt Ramen, dünnere Nudeln aus Weizen, die ursprünglich aus China stammen und es gibt Soba, typisch japanische Nudeln aus Buchweizenmehl. Sie sind gräulich und schmecken leicht nussig.

In Japan trifft man immer wieder auf Menschen, die ihr ganzen Leben einer bestimmten Tätigkeit widmen. Ein Leben ohne diese eine Passion scheint nicht vorstellbar und ist auch nicht vorgesehen. Bis ins hohe Alter bringen sie sich ein und geben ihre Fähigkeiten weiter. Eine solche Begegnung haben wir mit Sumiko Sano. 85 Jahre alt, sehr freundlich, vom Alter gekrümmt und in ihren Anweisungen bei der Zubereitung von Soba Nudeln sehr bestimmt.

Mit dem langen Nudelholz wird der Sobateig zu einem dünnen Quadrat ausgerollt / © Foto: Georg Berg
Mit dem langen Nudelholz wird der Sobateig zu einem dünnen Quadrat ausgerollt / © Foto: Georg Berg

Das Leben für ein Handwerk

Seit 28 Jahren betreibt Sumiko Sano ein kleines Restaurant im Dorf. Übernommen hat sie die Restaurantführung von einer damals ebenfalls sehr alten Dame. Zur Zeit assistieren ihr zwei Frauen, die rund zwanzig Jahre jünger sind und bereit, Titel und Aufgabe in näherer Zukunft zu übernehmen. So geht es hier schon seit Generationen. Genauer gesagt seit 19 Generationen und rund 400 Jahren baut die Familie von Sumiko Sano Buchweizen an. Zweimal im Jahr wird am Fuße des Mount Fuji Soba, also Buchweizen, geerntet. Die gleichnamigen Nudeln werden bei Sumiko im Wasser des heiligen Bergs gekocht.

Sumiko Sano zeigt wie dick die Nudeln werden sollen. Was das Foto nicht verrät, ist die Geschwindigkeit, mit der das Messer durch den Teig fährt / © Foto: Georg Berg
Sumiko Sano zeigt wie dick die Nudeln werden sollen. Was das Foto nicht verrät, ist die Geschwindigkeit, mit der das Messer durch den Teig fährt / © Foto: Georg Berg

Die Herstellung von Soba Nudeln zu beherrschen, erfordert eine über dreijährige Ausbildung. Dabei geht es um die Zusammensetzung der Buchweizenkörner, ob etwas Weizenmehl hinzugegeben wird oder nicht, um die Qualität des Wassers, um die Knettechnik und vor allem um die Dicke, die der handgeschnittene Teig später aufweisen soll und wie häufig die Nudeln nach dem Kochen noch mit klarem Wasser ausgespült werden.

Sobanudeln bereit für den Kochtopf. Dass hier auch eine ungelernte Kraft am Werk war, sieht man an den zum Teil viel zu dicken Streifen / © Foto: Georg Berg
Sobanudeln bereit für den Kochtopf. Dass hier auch eine ungelernte Kraft am Werk war, sieht man an den zum Teil viel zu dicken Streifen / © Foto: Georg Berg

Soba Nudeln kochen drei bis vier Minuten und werden insgesamt dreimal aufgekocht. Mit einer Kelle werden sie wieder in kaltes Wasser gegeben und erneut aufgekocht. Am Ende werden sie noch mindestens dreimal mit viel Wasser abgewaschen, Dabei geht Sumiko Sano recht forsch mit den Händen, gespreizt wie eine große Gabel durch die langen dünnen Soba Nudeln.

Buchweizennudel Produktion. Mit gespreizten Fingern fährt Sumiko Sano durch die dünnen Soba Nudeln. Sie sollen auf keinen Fall kleben / © Foto: Georg Berg
Buchweizennudel Produktion. Mit gespreizten Fingern fährt Sumiko Sano durch die dünnen Soba Nudeln. Sie sollen auf keinen Fall kleben / © Foto: Georg Berg

Die gräulichen, leicht nussig schmeckenden Nudeln werden zusammen mit einer Brühe gereicht. Je nach Jahreszeit ist die Brühe entweder warm oder kalt und besteht aus Dashi, dunkler Sojasauce, Mirin und etwas Zucker. Gegessen werden Soba Nudeln mit Stäbchen. Und sie sollen unbedingt laut hörbar geschlürft werden. Durch den starken Sog beim entschlossenen Schlürfen gelangt beim Essen genügend Brühe in den Mund. Duft und Aroma können sich so besser entfalten. Zudem ist das Geräusch, das in Europa vom Esstisch verbannt wurde, eindeutiges Signal für Koch und Köchin, dass es mundet.

Die Welt zu Gast im Dorf: Am Ende des Kochworkshops dürfen die Teilnehmer noch einen Pin in der Weltkarte verankern / © Foto: Georg Berg
Die Welt zu Gast im Dorf: Am Ende des Kochworkshops dürfen die Teilnehmer noch einen Pin in der Weltkarte verankern / © Foto: Georg Berg

Sake oder „Schwerter zu Pflugscharen“

Mit einer guten Portion Soba Nudeln im Bauch geht es auf das Fahrrad und weiter zu einer nahegelegenen Sake Brauerei. Sake Brauereien gibt es im ganzen Land. Eine Verkostung der dort hergestellten Produkte wird zumeist rund ums Jahr angeboten. Die Produktion besteht aus einem zweistufigen Fermentationsprozess. Polierter Reis, Wasser, Koji-Pilz und Hefe, aus diesen Zutaten entsteht Sake. In der Sake Brauerei Fuji Nishiki, gegründet 1688 und in 18. Generation im Familienbesitz, führt uns der Chef zu den riesigen Stahltanks. Die grünen Riesen wurden getreu dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ nach dem Ende des zweiten Weltkriegs aus dem Blech von Kriegsschiffen hergestellt. Eine gelungene Umwidmung in Zeiten der Not.

Die grünen Tanks für die Sake-Produktion waren früher Kriegsschiffe der japanischen Marine / © Foto: Georg Berg
Die grünen Tanks für die Sake-Produktion waren früher Kriegsschiffe der japanischen Marine / © Foto: Georg Berg

Übernachtung in einer japanischen Ferienwohnung. Das Goten ist in den Wohn- und Schlafräumen mit Tatami-Matten ausgelegt. Die Einrichtung ist japanisch zurückgenommen mit ausgewählten Schmuckelementen im Alkoven, es hat zwei Schlafzimmer sowie zwei Bäder und eine Küchenzeile.

Ein ruhiger Weg führt in der Stadt Fujinomia zur typischen Unterkunft / © Foto: Georg Berg
Ein ruhiger Weg führt in der Stadt Fujinomia zur typischen Unterkunft / © Foto: Georg Berg

Unsere Arbeitsweise zeichnet sich durch selbst erlebte, gut recherchierte Textarbeit und professionelle, lebendige Fotografie aus. Für alle Geschichten gilt, dass Reiseeindrücke und Fotos am selben Ort entstehen. So ergänzen und stützen die Fotos das Gelesene und tragen es weiter.

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Der Aufenthalt in der Prefektur wurde zum Teil vom Tourismusverband Shizuoka unterstützt

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