Dieser südfranzösische Eintopf ist so berühmt, dass man trotz großer Sommerhitze Touristen mit schweißbedeckter Stirn in den Gassen der Festungsanlage von Carcasonne sitzen sieht. Aber es lohnt sich, den deftigen Eintopf der Region Okzitanien, ungeachtet der Jahreszeit zu probieren. Wie so viele landestypische Gerichte, ist auch Cassoulet ursprünglich ein Arme-Leute-Essen. Die Zutatenliste ist sehr überschaubar: Weisse Bohnen, Ente, Bratwurst, Speck. In der Cassole, einer handgetöpferten Form, wird der Eintopf gegart.
Regionale Zutaten, von der Bohne bis zur Bouillon
Castelnaudary ist eine der wenigen Regionen in Frankreich, in der Bohnen angebaut werden. Die weiße Lingot Bohne wird für ihr perfektes Kochverhalten geschätzt und gedeiht in der Region Aude. Im Ertrag ist diese Sorte weniger attraktiv, aber für echten Cassoulet ist sie ein Muss. Durch die lange Garzeit im Ofen bekommt der deftige Eintopf seinen intensiven Geschmack. Die weißen Bohnen sind am Ende weich und haben sich mit Entenfett und Geflügelbouillon vollgesogen. An der Oberfläche sind die Bohnen knusprig braun und voller Röstaromen. Weiter unten in der Cassole liegen Bratwurst sowie Teile aus Brust und Keule einer Ente. Die Fleisch-Bouillon wird meist schon am Vortag zubereitet.
Cassole aus der Poterie Not
Die Poterie Not liegt am Canal du Midi. Die Erde hier ist schwer und enthält viel Ton. Das ist gut für die Töpferei, aber auch für die in der Region angebauten Bohnen. Seit 1883 dreht sich in der Töpferei Not die Töpferscheibe hauptsächlich für die Cassole. Sie ist nicht nur Namensgeber für den Cassoulet, sondern durch ihre konische Form, kann das Fett besser aufsteigen und trägt somit entscheidend zum Geschmack bei, erklärt Jean-Pierre Not. Für Restaurants, für Cassoulet-Fabriken und auch für Touristen werden hier Töpfe in der klassischen Form produziert. Um 1960 gab es noch acht Töpfereien in der Region. Heute ist der Familienbetrieb Not die einzig verbliebene Töpferei. Ein Grund dafür ist die Umstellung der auf Effizienz bedachten Industrie. Aus Platzgründen arbeiten viele Cassoulet-Betriebe mit geraden Auflaufformen. Dank der Arbeit der Bruderschaft, eines jährlichen Casssoulet-Festivals und einger traditionsbewussten Restaurants kann in der Poterie Not das Töpferhandwerk fortgeführt werden. Jean-Piere Not ist Botschafter der Region Aude und ein Besuch der Töpferei ist lohneswert.
Großes Gelage mit Cassoulet
Seit 1956 serviert man in der Hostellerie Etienne gut gelaunten Menschen an langen Tischreihen den Cassoulet de Castelnaudary. Bei Eric Rousselot dem Eigentümer und Chefkoch ist vom Tontopf bis zur Bohne alles regional. Rousselot ist konzentriert bei der Sache, denn zur Mittagszeit strömen Ausflugsgruppen sowie Büroangestellte und Landarbeiter gleichermaßen in sein Lokal. Mindestens zwei, besser noch drei Stunden schmurgelt der Eintopf im Ofen. Während der langen Garzeit soll die braune Kruste gebrochen werden und immer wieder mit Fett aus dem Eintopf übergossen werden. Nach den Regeln der Kunst soll dies sieben Mal geschehen. Da dieser Eintopf aus Bohnen, Entenfleisch und dem Fett von Ente und Schweinespeck extrem gehaltvoll ist, wird der dampfenden Cassole nur noch ein simpler und säuerlich angemachter Blattsalat zur Seite gestellt wird.
La Fête du Cassoulet
Der deftige Eintopf ist das Wintergericht schlechthin. Doch lange bevor er Touristen in der Mittagssonne serviert wurde, gab es ihn schon im Sommer. Für die Erntehelfer war das Cassoulet eine kräftigende Mahlzeit, die sie bei Kräften hielt. Der Geschichte nach soll der Eintopf während der Belagerung im 100-jährigen Krieg gegen England entstanden sein. Aus purer Not wurden alle noch vorhandenen Fleisch- und Geflügelreste in einen Topf mit Bohnen geworfen. Heute hat das Cassoulet einen ganz anderen Stellenwert und ist eine Frage der regionalen Identität. Jedes Jahr im August, mitten in den Sommerferien, findet La Fête du Cassoulet in Castelnaudary statt. In nur vier Tagen wandern bei Live-Musik rund 40.000 Portionen Cassoulet in die Bäuche der Festivalbesucher. Wer es nicht zum großen Fest schafft, findet in Castelnaudary das ganze Jahr über gute Adressen.
Region Aude und Canal du Midi
Von Castelnaudary aus kann man auf dem Canal du Midi Hausbootfahrten und Fahrradtouren entlang des berühmten Kanal des Südens, unternehmen. Seit 1996 zählt der Canal du Midi zum Unesco Welterbe.
Mehr Informationen unter Castelnaudary Tourisme
La Fête du Cassoulet findet jedes Jahr für vier Tage im August statt. Die Termine und das Rezept stehen auf der Festival-Website Fête du Cassoulet
Die Region Aude nennt sich auch das Land der Katharer. Besonders sehenswert sind die Stadt Carcasonne mit der berühmten Festungsanlage und die alte Römerstadt Narbonne.
Mehr Informationen bei Aude Tourisme
Print-Veröffentlichung
Die Recherchereise ist vor Ort teilweise vom französischen Tourismus-Verband unterstützt worden