Der Viktualienmarkt in München ist ein Eldorado für Gemüseliebhaber. Hier kann man sogar auf Sterneniveau vegetarisch essen. Das Restaurant Tian von Sternekoch Paul Ivic hat nach Wien ein weiteres Restaurant in München eröffnet. Vegetarisch geht am Viktualienmarkt aber auch im Stehen, denn in genauer Verlängerung zum Tian, nur durch die Frauenstraße getrennt, bespielen seit Ende 2017 Dominik Klier und Theo Lindinger einen Marktstand. Für die seltene Gelegenheit, einen Stand auf einem der bekanntesten Wochenmärkte Deutschlands zu betreiben, haben beide ihren festen Job aufgegeben. Heute beschäftigen sie noch einen festangestellten Koch und mehrere Aushilfen.
Caspar Plautz oder wer einmal aus dem Blechnapf isst!
Wer einmal von diesem Blechteller isst, wird sich wünschen, ihm stünde der Kartoffelimbiss Caspar Plautz das ganze Jahr über als Freiluft-Kantine zur Verfügung. Für all jene, die ihr Büro nicht rund um den Viktualienmarkt in München haben, gilt es, sich bei einem Besuch am Stand für eine von sechs Kartoffel-Gerichten auf der Karte zu entscheiden. Ab dienstags kommt noch ein wechselndes Wochengericht dazu. Sie alle kommen in coolem Understatement auf einem Blechteller an den Stehtisch.
Um 1950 gab es auf dem Viktualienmarkt noch rund 35 Kartoffelstände. Heute sind es nur noch zwei und diese liegen historisch gewachsen direkt nebeneinander. Bei Caspar Plautz garen die Ofenkartoffeln im nostalgischen Ofen. Neben dem Mittagstisch zwischen 11.30 Uhr und 15.30 Uhr gibt es Speisekartoffeln im Verkauf. Das Lager befindet sich im kleinen Kellerraum unter dem Stand. Im Frühsommer ist das Angebot an Kartoffeln mit nur 12 Sorten überschaubar. Zum Herbst liegen bis zu 25 Sorten in den Marktkisten. Ein Großteil davon ist Bio-Ware, die allermeisten Sorten stammen aus Deutschland.
Caspar Plautz ist übrigens kein stiller Teilhaber, sondern ein Benediktinerabt, der im österreichischen Stift Seitenstetten bereits im Jahr 1621 das erste Kartoffelrezept aufgeschrieben haben soll.
Ein Jahrhundert später erkannte auch König Friedrich der Große von Preußen das Potential der Kartoffel und machte den Sattmacher in Deutschland populär. Kartoffelöfen bekamen erlauchte Namen wie Queen Viktoria oder King George. Und noch heute pflegen Kartoffel-Königinnen das Image der Kartoffel. Hier geht es zur Reportage über die Krönung der Bayerischen Kartoffelkönigin.
Andengold oder Mecklenburger Schecke?
Der Frühsommer ist für die Kartoffelvielfalt die schlechteste Zeit. Dann sind rund 12 Sorten im Angebot. Ab Ende August werden es wieder bis zu 25 Sorten sein. Dann gibt es alte Bekannte wie Agria, Gunda, Linda oder Anabel oder auch nach gezüchteten alten Sorten wie Andengold, Black Princess oder Mayan Queen vom Hof von Heidi Kaiser aus Franken. Denn neben den Traditionalisten, die auf Anabel schwören, gibt es auch experimentierfreudige Kunden, die sich gerne mal an einer Mecklenburger Schecke oder der roten Emmalie ausprobieren. Theo Lindinger empfiehlt zudem auch der Lagerware eine Chance zu geben. „Kartoffeln aus dem Vorjahr sind oft intensiver im Geschmack als frische Kartoffeln vom Feld, da sie während der Lagerung immer auch Wasser verlieren.“
Herzstück der meisten Gerichte bei Caspar Plautz ist die Ofenkartoffel. Hierfür sind vorwiegend fest kochende Sorten geeignet wie Agria oder Colomba, mit einem weichen leicht mehligen Kern, aber nach außen hin durchaus noch fest. Die Gerichte wechseln mit der Jahreszeit. Im Sommer darf es auch mal ein Grüntee-Curry mit Gurke, Cashew und Kokosmilch sein, im Winter dann auch herzhaftes Sauerkraut. Im Oktober, so verrät Theo Lindinger noch, erscheint das erste Kochbuch der beiden Kartoffel-Experten von Caspar Plautz. Es wird auf den Jahreszeiten aufbauend, viele Varianten der Kartoffelzubereitung bieten. Das wurde aber auch Zeit – notierte Namensgeber Plautz doch schon vor fast 400 Jahren das erste Rezept.
Hier geht es zur Reportage Kartoffel – Weltstar der Nahrungsmittel