Les Halles am Place Pie in der Altstadt von Avignon ist ein Frischeparadies und zwar von außen und von innen. An einem Sonntagmorgen sind die Straßen der Altstadt leer. Doch öffnet man die Schwingtüren zur Markthalle, schlägt einem fröhliche Betriebsamkeit entgegen. Einheimische und Touristen genießen gleichermaßen das üppige kulinarische Angebot. Für regionale Spezialitäten aus der Provence und besondere Brotkreationen steht man hier gerne Schlange. Im Restaurant Cuisine Centr’Halles inmitten all dieser opulenten Köstlichkeiten bietet Chefkoch Jonathan Chiri Kochkurse an. Sie beginnen stets mit einem Markteinkauf.
Die Markthalle stammt aus den 70er Jahren. Ein nüchterner Zweckbau, dem die altehrwürdige Eisenkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert nach 100 Jahren Markttradition weichen musste. Mobilität war damals Trumpf. Damit die Markthalle nicht an Bedeutung verlor und die Kunden weiterhin in die Innenstadt kamen, hatte man die Autofahrer fest im Blick und schuf für sie eine Markthalle mit integriertem Parkhaus. Aus heutiger Sicht eine fatale Entscheidung. Fortschrittlich war dagegen, dass die in die Jahre gekommene und wenig ansehnliche Halle 2006 mit einer Pflanzenwand versehen wurde.
Der Botaniker Patrick Blanc wurde mit der Gestaltung der Mur Vegetale beauftragt. Dieser hatte sich in Paris bereits mit der Fassadenbegrünung des Musée des Arts Premiers am Quai Branly einen Namen gemacht. Mit der Begrünung der Nordfassade auf einer Fläche von 30 mal 11,50 Metern betrat die Stadt Avignon Neuland. Die Pflanzen wurden nicht vom Boden aus entlang der Fassade geführt, sondern dank eines ausgeklügelten Bewässerungssystems, an dem Patrick Blanc jahrelang getüftelt hatte, direkt an der Fassade befestigt. Pro Quadratmeter wachsen 20 Pflanzen an der Fassade von Les Halles. Der Botaniker Blanc begründete mit seiner Erfindung eines wandgebundenen Systems den Boom der vertikalen Gärten, die weltweit Innenstädte lebenswerter machen sollen.
Tradition und Frische
In seinen Anfängen bestand der Marktplatz von Avignon aus einer Vielzahl kleiner Marktfrauenstände. Dies war ein frühes soziales Projekt der Stadt, denn die Betreiberinnen dieser kleinen Stände waren Witwen, die auf diese Weise ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Die Zeiten, in denen die Marktplätze die lebenswichtigen Versorgungsadern einer Stadt waren, sind vorbei. Auch die Märkte mussten sich neu erfinden. Heute sind die Markthallen von Avignon ein Genusstempel, in dem Frische und Qualität der Waren Trumpf sind.
Hier bieten Erzeuger aus der Region ihre besten Produkte zum Probieren an. Die Menschen kommen nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Verweilen. Zwischen den Marktständen haben sich Restaurants und Cafés etabliert. Es gibt Gemeinschaftsbereiche mit Tischen und Stühlen, um die Einkäufe gleich zu verzehren oder ein Glas Côtes du Rhône zu genießen. Die Markthalle ist an allen Wochentagen außer montags von 6 bis 14 Uhr geöffnet, auch samstags und sonntags. Es gibt also genügend Gelegenheiten, nicht nur die grüne Fassade von Les Halles zu bewundern, sondern auch durch die Gänge zu schlendern. Spätestens am Stand der Boulangerie Panissain wird jeder schwach!
Ein Amerikaner in Avignon
Jon Chiri lebt seit über 20 Jahren in Avignon. Bevor sich der gebürtige Amerikaner mit seinem Restaurant Cuisine Centr’Halles in der Markthalle von Avignon selbstständig machte, arbeitete er sechs Jahre lang im Sternerestaurant und Luxushotel La Mirande, das sich direkt an die Mauern des Papstpalastes schmiegt. Die provenzalische Küche, ihre Aromen, die Vielfalt und Frische der regionalen Produkte begeistern ihn bis heute. Diese Begeisterung gibt er in seinen Koch-Workshops inmitten des Markttreibens weiter. Wer nicht selbst kochen möchte, kann sich zum Mittagessen an die Tische rund um seinen Marktstand setzen. Für Feinschmecker ist der Kochkurs jedoch eine ideale Gelegenheit, Avignon und seine kulinarischen Spezialitäten besser kennen zu lernen. Jeder Kochkurs, ob unter der Woche oder am Wochenende, beginnt immer mit einem Marktbesuch und dem Einkauf der Produkte für das Mittagessen.
Eine Prise Louisiana in Les Halles
Lässig, humorvoll und mit praktischen Tipps würzt Jon Chiri seinen Kochkurs. Seine ersten Kochjahre verbrachte er in Louisiana. Aus der Südstaatenküche begleitet ihn bis heute ein Klassiker der Cajun-Küche. Gumbo ist ein gehaltvoller, lange gekochter Eintopf mit Reis und Shrimps. Jon Chiri’s Signature Gumbo steht fast immer auf der Speisekarte. Für Fans der französischen Küche, die kein Französisch sprechen, und davon gibt es wohl viele auf der Welt, bietet Jon einen echten Mehrwert. Denn seine Kurse finden bei Bedarf auf Englisch statt. Ideal ist der Kurs für vier Personen. Er dauert etwa drei Stunden, es darf auch selbst Hand angelegt werden und am Ende wartet ein Drei-Gänge-Menü mit einem guten Glas Côtes du Rhône. Mehr Informationen über Cuisine Centr’Halles.
Kulinarisch und kulturell hat Avignon unglaublich viel zu bieten. Nicht verpassen sollte man einen Besuch im Papstpalast. Er ist das kulturelle Schwergewicht der Stadt. Aber es gibt auch kleine Dinge zu entdecken. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt lohnt es sich, den Kopf zu heben und auf Höhe der ersten Etage nach Street Art und Theaterfenstern Ausschau zu halten.
Die Recherchen vor Ort wurden von Avignon Tourismus unterstützt.