Die Markthalle von Avignon

Les Halles am Place Pie in der Altstadt von Avignon ist ein Frischeparadies und zwar von außen und von innen. An einem Sonntagmorgen sind die Straßen der Altstadt leer. Doch öffnet man die Schwingtüren zur Markthalle, schlägt einem fröhliche Betriebsamkeit entgegen. Einheimische und Touristen genießen gleichermaßen das üppige kulinarische Angebot. Für regionale Spezialitäten aus der Provence und besondere Brotkreationen steht man hier gerne Schlange. Im Restaurant Cuisine Centr’Halles inmitten all dieser opulenten Köstlichkeiten bietet Chefkoch Jonathan Chiri Kochkurse an. Sie beginnen stets mit einem Markteinkauf.

Restaurant Cuisine Centr’Halles von Jon Chiri. Der gebürtige Amerikaner bietet Kochkurse in kleinen Gruppen an. Die Workshops beginnen stets mit einem Rundgang über den Markt und dem Einkauf von frischen Produkten / © Foto: Georg Berg
Restaurant Cuisine Centr’Halles von Jon Chiri. Der Amerikaner bietet Kochkurse in der Markthalle von Avignon an / © Foto: Georg Berg

Die Markthalle stammt aus den 70er Jahren. Ein nüchterner Zweckbau, dem die altehrwürdige Eisenkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert nach 100 Jahren Markttradition weichen musste. Mobilität war damals Trumpf. Damit die Markthalle nicht an Bedeutung verlor und die Kunden weiterhin in die Innenstadt kamen, hatte man die Autofahrer fest im Blick und schuf für sie eine Markthalle mit integriertem Parkhaus. Aus heutiger Sicht eine fatale Entscheidung. Fortschrittlich war dagegen, dass die in die Jahre gekommene und wenig ansehnliche Halle 2006 mit einer Pflanzenwand versehen wurde.

Markthalle Les Halles in Avignon. Die Pflanzenwand von Patrick Blanc hat ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem und löste einen Boom für vertikale Stadtbegrünung weltweit aus. Auf einem Quadratmeter wachsen 20 Pflanzen / © Foto: Georg Berg
Markthalle Les Halles in Avignon. Pflanzenwand von Patrick Blanc. Pionier des vertikalen Stadtbegrünung / © Foto: Georg Berg

Der Botaniker Patrick Blanc wurde mit der Gestaltung der Mur Vegetale beauftragt. Dieser hatte sich in Paris bereits mit der Fassadenbegrünung des Musée des Arts Premiers am Quai Branly einen Namen gemacht. Mit der Begrünung der Nordfassade auf einer Fläche von 30 mal 11,50 Metern betrat die Stadt Avignon Neuland. Die Pflanzen wurden nicht vom Boden aus entlang der Fassade geführt, sondern dank eines ausgeklügelten Bewässerungssystems, an dem Patrick Blanc jahrelang getüftelt hatte, direkt an der Fassade befestigt. Pro Quadratmeter wachsen 20 Pflanzen an der Fassade von Les Halles. Der Botaniker Blanc begründete mit seiner Erfindung eines wandgebundenen Systems den Boom der vertikalen Gärten, die weltweit Innenstädte lebenswerter machen sollen.

Marktstand der Boulangerie Panissain in der Markthalle von Avignon. Rund 40 Aussteller aus der Region bieten in Les Halles ihre Waren an / © Foto: Georg Berg
Marktstand der Boulangerie Panissain in der Markthalle von Avignon. Rund 40 Aussteller aus der Region bieten hier ihre Waren an / © Foto: Georg Berg

Tradition und Frische

In seinen Anfängen bestand der Marktplatz von Avignon aus einer Vielzahl kleiner Marktfrauenstände. Dies war ein frühes soziales Projekt der Stadt, denn die Betreiberinnen dieser kleinen Stände waren Witwen, die auf diese Weise ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Die Zeiten, in denen die Marktplätze die lebenswichtigen Versorgungsadern einer Stadt waren, sind vorbei. Auch die Märkte mussten sich neu erfinden. Heute sind die Markthallen von Avignon ein Genusstempel, in dem Frische und Qualität der Waren Trumpf sind.

Fischverkauf in der Markthalle von Avignon / © Foto: Georg Berg
Fischverkauf in der Markthalle von Avignon / © Foto: Georg Berg

Hier bieten Erzeuger aus der Region ihre besten Produkte zum Probieren an. Die Menschen kommen nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Verweilen. Zwischen den Marktständen haben sich Restaurants und Cafés etabliert. Es gibt Gemeinschaftsbereiche mit Tischen und Stühlen, um die Einkäufe gleich zu verzehren oder ein Glas Côtes du Rhône zu genießen. Die Markthalle ist an allen Wochentagen außer montags von 6 bis 14 Uhr geöffnet, auch samstags und sonntags. Es gibt also genügend Gelegenheiten, nicht nur die grüne Fassade von Les Halles zu bewundern, sondern auch durch die Gänge zu schlendern. Spätestens am Stand der Boulangerie Panissain wird jeder schwach!

Ein Amerikaner in Avignon

Chefkoch Jon Chiri lebt seit 20 Jahren in Avignon und hat in Spitzenrestaurants gekocht. In den USA hat er lange in New Orleans gelebt, so dass er gerne mit Elementen der dortigen Fusion-Küche spielt / © Foto: Georg Berg
Chefkoch Jon Chiri lebt seit 20 Jahren in Avignon und hat in Spitzenrestaurants gekocht / © Foto: Georg Berg
Jon Chiri ist gebürtiger Amerikaner mit großer Leidenschaft für die provencalische Küche. Einen Twist zur Küche seiner Heimat USA erlaubt er sich dennoch / © Foto: Georg Berg
Jon Chiri ist gebürtiger Amerikaner mit großer Leidenschaft für die provencalische Küche / © Foto: Georg Berg

Jon Chiri lebt seit über 20 Jahren in Avignon. Bevor sich der gebürtige Amerikaner mit seinem Restaurant Cuisine Centr’Halles in der Markthalle von Avignon selbstständig machte, arbeitete er sechs Jahre lang im Sternerestaurant und Luxushotel La Mirande, das sich direkt an die Mauern des Papstpalastes schmiegt. Die provenzalische Küche, ihre Aromen, die Vielfalt und Frische der regionalen Produkte begeistern ihn bis heute. Diese Begeisterung gibt er in seinen Koch-Workshops inmitten des Markttreibens weiter. Wer nicht selbst kochen möchte, kann sich zum Mittagessen an die Tische rund um seinen Marktstand setzen. Für Feinschmecker ist der Kochkurs jedoch eine ideale Gelegenheit, Avignon und seine kulinarischen Spezialitäten besser kennen zu lernen. Jeder Kochkurs, ob unter der Woche oder am Wochenende, beginnt immer mit einem Marktbesuch und dem Einkauf der Produkte für das Mittagessen.

Kochkurs mit Jon Chiri im Restaurant Cuisine Centr’Halles. Gekocht und gegessen wird hier auf kleinstem Raum. Alle Zutaten stammen von den umliegenden Markthändlern. Frische ist Trumpf / © Foto: Georg Berg
Kochkurs mit Jon Chiri im Restaurant Cuisine Centr’Halles. Alle Zutaten stammen von den umliegenden Markthändlern/ © Foto: Georg Berg

Eine Prise Louisiana in Les Halles

Lässig, humorvoll und mit praktischen Tipps würzt Jon Chiri seinen Kochkurs. Seine ersten Kochjahre verbrachte er in Louisiana. Aus der Südstaatenküche begleitet ihn bis heute ein Klassiker der Cajun-Küche. Gumbo ist ein gehaltvoller, lange gekochter Eintopf mit Reis und Shrimps. Jon Chiri’s Signature Gumbo steht fast immer auf der Speisekarte. Für Fans der französischen Küche, die kein Französisch sprechen, und davon gibt es wohl viele auf der Welt, bietet Jon einen echten Mehrwert. Denn seine Kurse finden bei Bedarf auf Englisch statt. Ideal ist der Kurs für vier Personen. Er dauert etwa drei Stunden, es darf auch selbst Hand angelegt werden und am Ende wartet ein Drei-Gänge-Menü mit einem guten Glas Côtes du Rhône. Mehr Informationen über Cuisine Centr’Halles.

Ein Klassiker der Cajun-Küche aus Louisiana ist Gumbo. Ein gehaltvoller Eintopf mit Reis und Crevetten. Bei Jonathan Chiri ist es oft auf der Tageskarte zu finden / © Foto: Georg Berg
Ein Klassiker der Cajun-Küche aus Louisiana ist Gumbo. Der Eintopf mit Reis und Crevetten steht bei Jonathan Chiri oft auf der Tageskarte / © Foto: Georg Berg

Kulinarisch und kulturell hat Avignon unglaublich viel zu bieten. Nicht verpassen sollte man einen Besuch im Papstpalast. Er ist das kulturelle Schwergewicht der Stadt. Aber es gibt auch kleine Dinge zu entdecken. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt lohnt es sich, den Kopf zu heben und auf Höhe der ersten Etage nach Street Art und Theaterfenstern Ausschau zu halten.

Die Recherchen vor Ort wurden von Avignon Tourismus unterstützt.

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